Togo

© UNICEF Data: Monitoring the situation of children and women. 2019. Country Profile Togo© UNICEF Data: Monitoring the situation of children and women. 2019. Country Profile Togo

Vorkommen

Weibliche Genitalverstümmelung wird in Togo von einzelnen Ethnien praktiziert. Während in den Städten die Aufklärungskampagnen schon zu einer sehr kritischen Haltung gegenüber FGM geführt haben, leben in ländlichen Regionen noch viele BefürworterInnen. Damit korreliert, dass die Eingriffe üblicherweise auch in den Dörfern von den traditionellen Beschneiderinnen durchgeführt werden.

Togo ist ein multiethnisches Land in dem ein sehr unterschiedliches Brauchtum gepflegt wird. So sind zwar insgesamt „nur“ 5% der weiblichen Gesamtbevölkerung von FGM betroffen, 1% befürworten die Praxis ausdrücklich. In einigen Ethnien ist sie aber zu 85-­98% verbreitet. Dies sind die Cotocoli, Tchamba, Mossi, Yanga und Peulh. Bei den Moba und den Gourma, die beide eine geringere aber doch auffällige FGM Quote haben, wurde diese Praxis erst populär, als diese Gemeinschaften immer engere Verbindungen zu den Peulh pflegten. Die beiden größten Bevölkerungsgruppen, Adja­Ewe und Akposso-­Akebou praktizieren weibliche Genitalverstümmelung hingegen nicht. Die Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung ist in Togo unabhängig von der Religion. Alle Glaubensgruppen lassen ihre Töchter verstümmeln, bei den Muslimen sind es 22%, bei den Christen 2%, bei den Animisten 1% und 1% bei anderen Religionen. 35% der Betroffenen werden vor dem 4. Lebensjahr beschnitten, wiederum 29% werden zwischen dem fünften und neunten Lebensjahr beschnitten. Bei den Peulh ist die Säuglingsbeschneidung üblich.

Zahlen

Betroffene: 0,3% der Mädchen (0-14 Jahre) und 5% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Befürworterinnen: 1% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)

Beschneidungsalter: 11% der Beschneidungen fanden bis zum 4. Lebensjahr der Mädchen statt, 57% zwischen dem 5. und 9 und nochmals 20% zwischen 10. und 14.

96% der Eingriffe werden von traditionellen Beschneiderinnen vorgenommen.

Formen

In Togo wird mit 63% Typ II (Exzision) von FGM am häufigsten praktiziert. Hierbei wird der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und der inneren Schamlippen mit oder ohne Beschneidung der äußeren Lippen teilweise oder vollständig entfernt. Bei 12% der beschnittenen Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) wurde Typ I (Klitoridektomie) vollzogen. Dabei wird der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und/ oder die Klitorisvorhaut teilweise oder vollständig entfernt. 15% der Beschneidungen sind eine Infibulation (Typ III). Das heißt, das gesamte äußerlich sichtbare Genital wird herausgeschnitten und die offene Wunde bis auf ein kleines Loch zugenäht.

Begründungsmuster

In Togo ist die weibliche Genitalverstümmelung in den meisten Fällen eng an den Beginn der Pubertät und die Rolle einer Frau als Ehefrau und Mutter geknüpft. Dies ist ein deutlicher Indikator dafür, dass durch das Wegschneiden der sichtbaren Genitalien ihre sexuelle Treue, ggf. die Jungfräulichkeit und mitunter auch Fertilität bewahrt oder gesichert werden sollen. In Togo ist ebenfalls der Glaube verbreitet, dass ein Mädchen bei ihrer Genitalverstümmelung Jungfrau sein muss, da „unjungfräuliches“ Blut bei dem Ritual die Beschneiderin erblinden lassen könne. Die weibliche Lust und ihren Sexualtrieb hingegen werden, sagt man auch in Togo, durch den Charakter der Frauen bestimmt, weniger durch das Wegschneiden der Klito­ris.

Gesetzliche Lage

Weibliche Genitalverstümmelung wurde von der Nationalversammlung am 30.10.1998 gesetzlich verboten und mit einem Strafmaß von zwei Monaten bis zehn Jahren Gefängnis (im Todesfall) und einer Geldstrafe zwischen 100.000 und einer Million CFA (ca. 120-­1200 Euro) versehen. Mitwisser einer Beschneidungszeremonie können bei Überführung mit bis zu einem Jahr Gefängnis und einer halben Million CFS Bußgeld rechnen. Bisher kam es lediglich zur Verhaftung einer Beschneiderin, aber über den Ausgang des Verfahrens ist uns nichts bekannt. Die Einführung des Gesetzes wurde von Aufklärungskampagnen begleitet, mit Hilfe der WHO und UN implementiert und fand auch in den Landesmedien große Aufmerksamkeit. Juristisch ist das Gesetz gegen weibliche Genitalverstümmelung auch durch die Artikel 13 und 21 der Verfassung Togos gestützt, die besagen, dass körperliche Integrität vom Staat geschützt wer­den muss und kein Mensch Folter oder anderen grausamen, unmenschlichen Praktiken ausgeliefert werden darf.

Neben der offiziellen Rechtsprechung bestehen aber weitere Überzeugungen. Im traditio­nellen Empfinden vieler Menschen geht die Frau mit der Hochzeit in den Besitz des Mannes über, er darf über sie bestimmen und sie muss gehorchen. Unter den Muslimen in Togo darf die Frau ein Ehegesuch ablehnen und darf sich auch der Anordnung ihres Ehemannes widersetzen, wenn er FGM fordert. Da sie aber dennoch als sein Eigentum gilt, kann der Ehe­mann auch gegen den Willen seiner Frau die Genitalverstümmelung durchführen lassen.

Haltung und Tendenzen

Seit 2010 ist die Prozentzahl der Befürworterinnen von FGM von 2% auf 1% (Stand 2014) gesunken. In Togo liegt die Quote der Befürworterinnen seit einigen Jahren stabil bei 2% der Frauen. 95% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) und 96% der Jungen und Männer (15-49 Jahre) sind der Meinung, dass FGM stoppen sollte. Die Anzahl der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre), bei denen FGM praktiziert wurde ist von 2006 bis 2014 von 6% auf 5% gesunken.

 

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Stand 12/2019