Afghanistan: Präsident Hamid Karzai wendet geplante Gesetzesänderung ab, die Frauenrechte massiv beschnitten hätte

Häusliche Gewalt  macht laut der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission AIHRC 90% aller Straftaten gegen Frauen in Afghanistan aus. Das afghanische Parlament plante ein Gesetz zu verabschieden, das Familienangehörigen untersagt hätte, gegen die eigene Familie auszusagen. Damit wären die wichtigsten und oft einzigen Zeugen mundtot gemacht worden. Der Gesetzesentwurf war schon von beiden Kammern  des Parlaments abgesegnet und wartete nur noch auf die Unterzeichnung des Präsidenten Hamid Karzai.

Doch nach massivem Protest afghanischer, sowie internationaler Menschen- und Frauenrechtsorganisationen verhinderte Karzai durch sein Vetorecht den Gesetzesentwurf und verlangt nun dessen Überarbeitung.

Die Gewalt gegen Frauen nimmt drastisch zu

Die Gewalt gegen Frauen hat sich in den letzten Jahren drastisch verschärft.  Behörden und Menschenrechtsorganisationen gehen von einem Anstieg von gewaltvollen Übergriffen auf Frauen von 22% aus - im letzten halben Jahr. Zudem steigen Gewaltbereitschaft und die Brutalität der Übergriffe massiv.

Die Unabhängige Afghanische Menschenrechtskommission (AIHRC) und zahlreiche Frauenrechtsorganisationen schlagen Alarm.

Sie heißen Sahar Gul, Sitari,  Mah Gul oder Kulsoom - Frauen, denen auf grausamste Art und Weise in Afghanistan Gewalt angetan wurde. Über sie wurde in jüngster Zeit in den Medien berichtet. Und sie sind nicht die einzigen. Diese Frauen stehen stellvertretend für mehrere tausend grausame Verbrechen gegen Frauen, die sich jährlich in Afghanistan abspielen.

Die Frauen werden gefoltert, gesteinigt und sogar ermordet, weil sie sich weigern sich prostituieren zu lassen. Weil sie sich weigern, eine Vergewaltigung einfach hinzunehmen und sich zur Wehr setzen, oder weil sie sich gegen eine ungewollte Verehelichung stellen – kurz: Weil sie ihre Rechte in Anspruch nehmen und dafür kämpfen.
Menschen- und Frauenrechte, zu deren Einhaltung sich  der afghanische Staat durch die Ratifizierung der einschlägigen internationalen Konvention zur Beseitigung jeder Gewalt gegen die Frau nach dem Sturz der Talibanregierung in 2001 eigentlich verpflichtet hat.

Auch wenn Hamid Karzai nun auf Änderung des Gesetzesentwurfs für das Strafgesetzbuch pocht, ist nicht gewährleistet, dass der neue Entwurf die Rechte der Frauen nicht wieder einzuschränken versucht.

Gerade jetzt ist es wichtig, sich mit den Frauenrechtsaktivistinnen in Afghanistan zu solidarisieren. Es ist auch wichtig, die patriarchalen Verhältnisse in Afghanistan durch ein langfristiges Engagement für Frauenrechte aufzubrechen.

Deshalb unterstützt TERRE DES FEMMES seit 2004 das Frauenzentrum Shahrak – Bildungsarbeit für ein selbstbestimmtes Leben.

Wissenswertes:

Von Afghanistan ratifizierte internationale Menschenrechtsabkommen:

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948
  • Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 1983
  • Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1983
  • Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung 1983
  • Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau 2003
  • Anti-Folter-Konvention 1987
  • Kinderrechtskonvention 1994

 

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