© Joël in 't Veld on Unsplash2017 wurden weltweit 87.000 Frauen vorsätzlich getötet, mehr als die Hälfte von ihnen durch einen Intimpartner oder ein anderes Familienmitglied, so die Befunde der Globalen Studie zu Tötungsdelikten 2019 des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Asien und Afrika wiesen mit 20.000 und 19.000 Ermordungen die höchsten Zahlen von geschlechtsspezifischen Tötungen durch Intimpartner oder andere Familienmitglieder auf. Gründe sind die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen, sexistische Strukturen und diskriminierende Traditionen wie z.B. männliche „Ehre“, die sich am Verhalten der Frau festmacht.
Die Ergebnisse des fünften Kapitels der Globalen Studie zu Tötungsdelikten 2019 des UNODC zeigen das erschütternde Ausmaß der geschlechtsspezifischen Tötungen* von Frauen und Mädchen, und unterstreichen einmal mehr, wie wichtig die Arbeit für Frauenrechte und Gleichberechtigung ist. Die Studie gibt auch Auskunft über die Täter, den Zusammenhang zwischen nicht-tödlicher und tödlicher Gewalt gegen Frauen und die Reaktion der Strafjustiz.
Gefahr für Frauen, durch häusliche Gewalt zu Tode zu kommen, in Afrika am größten
Hier eine Auswahl der Studienergebnisse, die auf statistischen Daten aus den jeweiligen Ländern/Regionen beruhen:
- 2017 wurden weltweit 87.000 Frauen vorsätzlich getötet. 50.000 (58%), also mehr als die Hälfte von ihnen, durch Intimpartner oder andere Familienmitglieder – jeden Tag 137 Frauen.
- Mit steigender Tendenz: 2012 betrug die Zahl der von einem Intimpartner oder anderen Familienmitglied getöteten Frauen noch 48.000 (47% aller weiblichen Mordopfer).
- Die meisten Frauen wurden in Asien (20.000) getötet, gefolgt von Afrika (19.000), Amerika (8.000), Europa (3.000) und Ozeanien (300).
- Im Verhältnis ist Afrika mit einer Tötungsrate von 3,1 pro 100.000 Frauen die Region, in der Frauen am meisten gefährdet sind, von einem Intimpartner oder anderen Familienmitglied getötet zu werden, während dieses Risiko in Europa (0,7 pro 100.000 Frauen) am geringsten ausfällt. In Nord- und Südamerika ist die Tötungsrate mit 1,6 pro 100.000 Einwohnerinnen ebenfalls hoch, genauso wie in Ozeanien mit 1,3. In Asien liegt sie immer noch bei 0,9 pro 100.000 Frauen
- 2017 wurden mehr als zwei Drittel (69 %) aller getöteten Frauen in Afrika und mehr als ein Drittel (38 %) aller getöteten Frauen in Europa durch Intimpartner oder andere Familienmitglieder ermordet.
- Nur jeder fünfte Mord auf globaler Ebene wird von einem Intimpartner oder anderen Familienmitglied verübt, Frauen und Mädchen machen mit 64% (im Vergleich zu 36% Männern und Jungen) jedoch die Hauptbetroffenen
- Frauen sind auch am stärksten jeglicher Gewalt durch IntimpartnerInnen ausgesetzt: 82% der Betroffenen von Gewalt durch IntimpartnerInnen sind weiblich und nur 18% männlich.
Obwohl Männer weltweit häufiger von Tötungsdelikten betroffen sind, laufen Frauen und Mädchen aufgrund hierarchischer Geschlechterverhältnisse und der Akzeptanz von Gewalt zu ihrer Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung in deutlich höherem Maße Gefahr, von ihren jetzigen oder früheren Intimpartnern oder einem anderen Familienmitglied getötet zu werden – z.B. durch Mitgift- oder Ehrenmorde. Die Ermordung durch einen Intimpartner ist nur selten eine zufällige oder spontane Tat, sondern vielmehr die Spitze des Eisbergs. Meist geht einem Femizid eine lange Geschichte geschlechtsbezogener Gewalt voraus.
Bis heute kein Fortschritt im Kampf gegen Femizide – entschiedenes Handeln nötig
© M.T ElGassier on UnsplashDie meisten Länder gehen gegen Gewalt an Frauen und geschlechtsspezifische Tötungen vor, z.B. wird Femizid in fast allen Ländern Lateinamerikas als Straftatbestand kriminalisiert. Dennoch gibt es kein Anzeichen für einen Rückgang der geschlechtsspezifischen Morde an Frauen und Mädchen. Trotz vieler Programme, die zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen entwickelt worden sind, und dazu verabschiedeter Gesetze wird das Leben von Frauen und Mädchen immer noch nicht wirksam geschützt.
Die Studie unterstreicht daher die Bedeutung eines umfassenden, mehrdimensionalen Maßnahmenkatalogs – es braucht Programme auf nationaler und internationaler Ebene, um geschlechtsspezifische Gewalt zu beenden und Femiziden vorzubeugen. Neben einem verbesserten Zugang zu Polizei und Justiz ist es wichtig, Frauen den Ausstieg aus gewalttätigen Beziehungen tatsächlich und nachhaltig zu ermöglichen – v.a., wenn sie durch wirtschaftliche Abhängigkeit an ihren Intimpartner oder andere Familienmitglieder gebunden sind. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Einbeziehung der Männer in die Prävention von Gewalt und die Entwicklung von gesellschaftlichen Normen und Verhaltensstandards, die Gewalt in allen Formen ächten und sich klar von gewalttätiger Männlichkeit und Geschlechterstereotypen abgrenzen.
Unterstützen Sie TERRE DES FEMMES bei der Arbeit gegen geschlechtsspezifische Gewalt, diskriminierende Praktiken und Femizide – zum Beispiel durch eine Spende für unser neues Empowerment-Projekt für junge Frauen in Sierra Leone, Westafrika. Wir wollen erreichen, dass sie sich durch eine Berufsausbildung und den Aufbau eines eigenen Kleinunternehmens aus gewalttätigen Abhängigkeitsverhältnissen lösen können!
* Häufig wird die geschlechtsspezifische Tötung von Frauen als „Femizid“ oder „Feminizid“ bezeichnet. Diese Begriffe implizieren, dass Frauen und Mädchen aufgrund der ihnen zugewiesenen Geschlechterrolle Opfer von Hassverbrechen werden. Da es auf internationaler Ebene keine standardisierte Definition für diese Begriffe gibt und entsprechende Tötungsdelikte nicht einheitlich als Straftaten erfasst werden, verwendet die Studie den Indikator „weibliche Opfer von Tötungsdelikten, die von Intimpartnern oder anderen Familienmitgliedern verübt wurden“, um das Ausmaß der tödlichen Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu messen.
Quelle:
Global Study on Homicide – Gender-related killing of women and girls
(United Nations Office on Drugs and Crime, 2019)