„Es ist meine Entscheidung, nicht eure – Ich heirate aus Liebe!“

Vorhang auf für eine weitere Vorstellung von „Mein Herz gehört mir“

Am 16.03.22 hat die fünfte Aufführung des interaktiven Theaterstücks „Mein Herz gehört mir“ – gegen Zwangsverheiratung und Frühehen an einer Schule in Berlin-Wilmersdorf stattgefunden, an der rund 70 SchülerInnen der 8. und 9. Klassen teilgenommen haben.

Zum Einstieg haben die TheaterpädagogInnen Indre, Jenni und Rezan eine kurze Übung zur Lockerung des Körpers und der Stimme mit den SchülerInnen durchgeführt und außerdem die Methode „Forumtheater“ erklärt, auf der das Theaterstück basiert. Anschließend haben die DarstellerInnen ihre Rollen eingenommen und das Stück mit einer Familienszene eröffnet. Die SchülerInnen sind von den DarstellerInnen nach ihren Vorstellungen von Familie gefragt worden. Die Antworten haben gezeigt, dass es nicht eine Schablone gibt, die auf alle Familien übertragen werden kann, sondern dass diese ganz verschieden aussehen können: Kleinfamilien, Patchworkfamilien und auch die FreundInnen, MitschülerInnen und Haustiere sind genannt worden.

In weiteren Verlauf des Stücks sind die Themen Rollenbilder, Zwangsheirat, Homosexualität und Online-Flirting aufgekommen, die von den DarstellerInnen mitreißend und lebhaft verkörpert worden sind. Jede Szene hat mit einem ungelösten Konflikt geendet, woraufhin ein Forum eingesetzt hat, das die Partizipation der SchülerInnen erfordert hat. Freiwillige haben das konfliktive Ereignis der Szene mit den DarstellerInnen nachspielen und eigene Ideen und Lösungsvorschläge ausprobieren können. Die SchülerInnen haben festgestellt, dass es nicht immer gelingt, die eigene Sichtweise durchzusetzen, sondern dass auch Einfühlungsvermögen wichtig ist, um einen Konflikt friedlich zu lösen. So hat ein Schüler zugegeben, dass er sich „überfordert“ gefühlt habe, als er in die Rolle eines Mädchens geschlüpft ist, die in der dargestellten Szene erpresst worden ist. Durch die kreative Methode des Forumtheaters haben die SchülerInnen sich in schwierige und sensible Konfliktsituationen hineinversetzen und gemeinsam mit den DarstellerInnen und den MitschülerInnen ihre eigene Perspektive und Denkweise reflektieren und hinterfragen können. Ein Mädchen hatte sich in einer Szene, in der es um eine Zwangsverheiratung einer Minderjährigen ging, ganz klar gegenüber „ihren“ Eltern, die von zwei TheaterpädagoInnen gespielt wurden, geäußert: „Es ist meine Entscheidung – nicht eure! Ich heirate aus Liebe!“ Am Ende der Foren sind die Freiwilligen für ihren Einsatz und Mut auf der Bühne mit Jubel und Applaus von ihren MitschülerInnen belohnt worden.

Im Anschluss an das Theaterstück haben die SchülerInnen in gemischt- und gleichgeschlechtlichen Workshops, die von den TheaterpädagogInnen sowie dem Projektteam von TERRE DES FEMMES durchgeführt worden sind, einzelne Szenen und dargestellte Konfliktsituationen des Theaterstücks aufgreifen und intensiver besprechen können. Insbesondere zu den Themen Homosexualität, Gefahren beim Online-Dating und Zwangsverheiratung hat es ein großes Interesse gegeben. Zusätzlich haben die SchülerInnen umfangreiche Informationen zu

AnsprechpartnerInnnen und Beratungsstellen gegen Zwangsheirat und Frühehe sowie häusliche und sexualisierte Gewalt erhalten. Insbesondere die Mädchen sind dazu ermutigt worden, im Fall von Bedrohung Hilfe aufzusuchen.

Am Ende der Workshops haben die SchülerInnen dem gesamten Team ein positives Feedback gegeben und auch die Schulsozialpädagogin hat die Aktualität und den weiteren Aufklärungsbedarf zu den behandelten Themen betont. In den kommenden Monaten sind weitere Aufführungen an Berliner Schulen geplant.