• 01.02.2022

Zeit zu handeln: FGM muss in Sierra Leone endlich gesetzlich verboten werden

Maseray Sei war gerade einmal 21 Jahre alt. Sie half ihrer Familie, arbeitete daran, ihren Schulabschluss nachzuholen, wollte ein besseres Leben für sich und ihre beiden kleinen Söhne. Jetzt ist Maseray tot – verblutet infolge weiblicher Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation – FGM).

Der tragische Tod der jungen Frau ist kein Einzelfall in Sierra Leone: Immer wieder sterben Mädchen und Frauen an den Folgen von FGM. Die Überlebenden leiden oft ein Leben lang unter der schädlichen Praktik Infektionen, schlimme Fistelbildungen, chronische Schmerzen, lebensbedrohliche Komplikationen bei Geburten und ein immenses psychologisches Trauma gehören zu den häufigen Konsequenzen weiblicher Genitalverstümmelung. International wird FGM längst als gravierende Menschenrechtsverletzung eingestuft. Und dennoch gibt es in Sierra Leone bis heute kein Gesetz, das Mädchen und Frauen vor der Praktik schützt. Tatsächlich unterstützen viele PolitikerInnen FGM sogar in der Hoffnung, damit WählerInnenstimmen zu gewinnen, und gehen so weit, in Wahlkampfzeiten die für arme Familien oft belastenden Honorare der traditionellen Beschneiderinnen zu zahlen.

 

Unsere Partnerorganisation Amazonian Initiative Movement (AIM) unter ihrer Gründerin und Leiterin Rugiatu Turay kämpft seit Jahren dafür, das zu ändern. AIM hat den Vorsitz im Forum gegen schädliche Praktiken (engl. Forum Against Harmful Practices – FAHP) inne, ein Zusammenschluss von 21 Organisationen, die sich für die Beendigung und ein längst überfälliges gesetzliches Verbot von FGM in Sierra Leone einsetzen. Im Angesicht des jüngsten erschütternden Todesfalls der 21-jährigen Maseray hat das Forum jetzt noch einmal den Druck auf die Regierung erhöht und einen offenen Brief verfasst, in dem sie eine sofortige Gesetzesänderung und das Ende jeglicher politischer Unterstützung für FGM fordern. 130 zivilgesellschaftliche Organisationen aus aller Welt, darunter auch TERRE DES FEMMES, haben mitgezeichnet.

Dieses starke Signal trägt bereits erste Früchte: Der Sprecher des sierra-leonischen Parlaments, Dr. Abass Chernor Bundu, hat sich bereit erklärt, die Petition dem Staatschef und den FührerInnen der politischen Parteien des Landes vorzulegen, und befürwortete die Absicht, die Gesetzeslage zu FGM neu zu evaluieren. Nun gilt es, den Druck aufrechtzuerhalten. TERRE DES FEMMES unterstützt die Kampagne darum mit weiteren Maßnahmen und hat, gemeinsam mit 22 anderen deutschen NGOs, einen eigenen Brief an die Regierung in Sierra Leone verfasst und die Forderungen des FAHP bekräftigt. Diesen offenen Brief der organisierten deutschen Zivilgesellschaft finden Sie hier.

TERRE DES FEMMES hat zudem über die sozialen Medien auf die dringende Notwendigkeit eines gesetzlichen Verbots von FGM in Sierra Leone aufmerksam gemacht und dafür eine Reihe eindringlicher Statements von UnterstützerInnen der Kampagne veröffentlicht:

  • Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin TERRE DES FEMMES: „Weibliche Genitalverstümmelung (englisch FGM) ist in Sierra Leone nicht verboten. Aber: FGM ist schwere Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Das Gesetz muss das widerspiegeln! Ein Verbot von FGM ist unverzichtbar, um Frauen und Mädchen zu schützen und Verstöße zu bestrafen. Ein Verbot ist unbedingt notwendig, um FGM als soziale Norm aus der Gesellschaft zu verbannen.“
  • Gyde Jensen, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende: „Wer Mädchen und Frauen die Genitalien verstümmelt, der nimmt ihnen etwas Elementares. Diese frauenverachtende Praxis ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und sie gehört auf der ganzen Welt verboten – auch in Sierra Leone. Ein Verbot ist aber nur ein Schritt auf dem Weg zur gesellschaftlichen Ächtung. Und die ist entscheidend dafür, dass Genitalverstümmelung auch im Verborgenen nicht mehr stattfindet.“
  • Rakieta Poyga, Gründerin und Leiterin der TDF-Partnerorganisation Association Bangr Nooma in Burkina Faso: „Wir brauchen nicht nur guten Willen: Jeder Mensch sollte gegen FGM kämpfen, gegen eine Praktik, die so viel Leid verursacht. Kämpft für und an der Seite eurer Frauen, Töchter, Babys und Mütter für das Ziel ‚Null Toleranz gegenüber FGM‘!" (aus dem Französischen übersetzt durch TDF) 
  • Dr. Cornelia Strunz, Desert Flower Center Waldfriede: „FGM ist eine grausame Tradition und die Frauen erinnern sich ein Leben lang an diese qualvolle Prozedur. Auch wenn FGM in vielen Ländern ein Straftatbestand ist, wird immer noch alle 11 Sekunden auf dieser Welt ein Mädchen verstümmelt. Mit meiner ärztlichen Tätigkeit im Desert Flower Center im Krankenhaus Waldfriede in Berlin möchte ich allen Frauen helfen, die an den Folgen von FGM leiden. Zuhören, Fragen beantworten, Ängste nehmen. Ich möchte für jede Frau im Desert Flower Center das Beste erreichen.
  • Bintou Diawara Coulibaly, Vorsitzende der TDF-Partnerorganisaton Association pour le Progrès et la Défense des Droits des Femmes (APDF) in Mali: „Die Genitalien des Mädchens, die wir verstümmeln, sind die, mit denen Gott sie geschaffen hat. Ein Mädchen zu verstümmeln/beschneiden bedeutet, Gottes Geschöpf zu verändern. Sagt NEIN zur weiblichen Genitalverstümmelung." (aus dem Französischen übersetzt durch TDF)

 

Jeder Tag, an dem FGM ungehindert praktiziert wird, kann weitere Frauen wie Maseray das Leben kosten. Es ist höchste Zeit, zu handeln!

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