• 11.09.2018

„TERRE DES FEMMES fordert ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 18 Jahren“ - Offener Brief zur Pressemeldung vom 24. August 2018 des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften der Landesgeschäftsstelle NRW

Die Landesgeschäftsstelle NRW des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften (iaf e.V.) versucht mit Hilfe einer diskreditierenden Pressemeldung, in der TERRE DES FEMMES (TDF) die Bedienung „rassistischer Stereotype“ vorgeworfen wird, von einem Thema abzulenken, welches an Wichtigkeit nicht höher sein könnte: dem Kinderschutz.

Kinderverschleierung ist keine religiöse Pflicht im Islam, sondern ein Phänomen des modernen Islamismus. Damit liegt sie auch nicht im Schutzbereich des Artikels 4 (2) GG, da sie nicht den Wesenskern der Religion berührt. Und selbst wenn es anders wäre: der Schutz von Kindern steht über dem Anspruch von Religionen, die Gesellschaft prägen zu wollen.

Bei der Verbotsforderung von TDF zum Kinderkopftuch geht es weder um Islamkritik, Ausgrenzung oder Hegemonie. Im Fokus steht es, diesen Mädchen ein freies, selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen. Zu diesem Beschluss ist die TDF Mitfrauenversammlung 2017 in einem demokratischen Abstimmungsprozess gekommen. Das zugrundeliegende Positionspapier fordert eine Regelung vom Staat, damit Mädchen bis 18 Jahren in Bildungseinrichtungen uneingeschränkt lernen und Sport treiben können.

Die iaf spricht von Freiheit, ohne sich des Begriffs aus der Sicht des Mädchenschutzes bewusst zu sein. Frei sind nur diejenigen Mädchen, die ohne patriarchalische Zwänge aufwachsen und Entscheidungen bewusst treffen können.

Das Kinderkopftuch stellt eine Kinderrechtsverletzung dar. Die Verschleierung von Kindern betrachtet TERRE DES FEMMES als Teil einer fundamentalistischen Agenda, die auf Indoktrination abzielt, Mädchen gezielt diskriminiert und gegen die verfassungsgemäße Ordnung sowie den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter agiert.

Die laufende Petition soll die Politik wachrütteln, um eine gesetzliche Grundlage zum Schutz von Mädchen vor patriarchaler Instrumentalisierung zu gewährleisten.

Die Kinderverschleierung sexualisiert Kinder. In vielen Religionen steht die Bedeckung des Haars der erwachsenen Frau für sexuelle Nichtverfügbarkeit, die also nicht vorausgesetzt wird, sondern äußerlich sichtbar gemacht werden muss. Auch im Islam ist die Verschleierung eng verbunden mit dem Begriff Keuschheit bzw. Reinheit. Da sich Keuschheit auf das Sexualverhalten bezieht, steht sie in Zusammenhang mit Geschlechtsreife und Heiratsfähigkeit. Verschleierte Kinder werden also de facto für geschlechtsreif erklärt bzw. die Trennung zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität wird aufgelöst. Da sich das Kind dieser Bedeutung noch nicht bewusst ist und sich in einem Abhängigkeitsverhältnis befindet, kann es sich dagegen nicht wehren.

Es gibt zahlreiche Rückmeldungen aus LehrerInnenetzwerken, dass gerade an Schulen viele Mädchen einem enormen Druck ausgesetzt sind, ein Kopftuch zu tragen. Verweigern sie sich, werden sie psychisch unter Druck gesetzt und öffentlich beschimpft. Lehrkräfte werden im Schulalltag mit diesen Konflikten, die den Schulfrieden gefährden, alleine gelassen. Der Raum „Schule“ muss ein Ort der freien Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeit für Jungen UND Mädchen bleiben. Eine gesetzliche Regelung ist aus diesem Grund unumgänglich.

TERRE DES FEMMES lehnt sexistische, rassistische, rechtsextreme und -populistische, islamistische und andere religiöse fundamentalistische Ideologien ab, die zur Begründung für Gewalt gegen Frauen und als Instrument ihrer Unterdrückung herangezogen werden; ebenso paternalistische Positionen für Frauen in Familie und Gesellschaft, unabhängig davon, ob sie religiös, kulturell, als Tradition oder als natürliche Bestimmung definiert werden.

Der iaf als Bundesverband, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sollte es als seine Hauptaufgabe sehen und sich dazu verpflichtet fühlen, Mädchen und Jungen das gleiche Fundament für eine sorglose Kindheit zu ebnen. Wenn TERRE DES FEMMES angekreidet wird, nur Stimmen zu hören „die dem eigenen Weltbild entgegenkommen“, weil Gesetze zur Gleichberechtigung und Integration gefordert werden, fordern wir hiermit alle auf, es uns gleich zu tun!

Wir laden die iaf zu einem öffentlichen Streitgespräch zu diesem Thema ein, von dem wir uns erwarten, dass die Argumente konstruktiv ausgetauscht werden.  

Wir freuen uns über eine Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen

Christa Stolle
Bundesgeschäftsführerin

 

Berlin, 11.09.2018

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