• 25.08.2023

Projektupdate Burkina Faso Januar – Juni 2023

ABN-MitarbeiterInnen bei der Aufklärungsarbeit zu FGM und anderen Formen von Gewalt gegen Frauen. (© TDF).

Zwei Militärcoups in gerade mal acht Monaten, islamistischer Terror und die kontinuierliche Verschlechterung der humanitären Lage hatten Burkina Faso im Jahr 2022 in seinen Grundfesten erschüttert – und die historische Krise setzt sich auch 2023 fort. Obwohl die regierende Militär-Junta offiziell an dem mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) ausgehandelten Transitionsplan festhält, bleibt die Rückkehr zur Demokratie mehr als ungewiss. Durch den Militärputsch im benachbarten Niger wird die Lage nun noch angespannter, denn sowohl Burkina Faso als auch Mali haben erklärt, dass eine eventuelle militärische Intervention der ECOWAS in Niger auch als Kriegserklärung an beide Nachbarländer betrachtet werde. Währenddessen setzen islamistische Gruppierungen ihre Angriffe auf staatliche wie zivile Ziele fort, Burkina Faso belegt mittlerweile Platz zwei auf dem Global Terrorism Index, nur hinter Afghanistan. Es wird geschätzt, dass die Regierung über mehr als 40 Prozent des Staatsgebiets keine Kontrolle mehr hat. Neben der katastrophalen Sicherheitslage belastet zudem der Klimawandel die burkinische Bevölkerung erheblich: Wetterextreme wie Hitze, Dürren und Starkregen führen zu degradierten Böden und Ernteausfällen und bedrohen damit vor allem die Ernährungssituation der Landbevölkerung – UN-Angaben zufolge haben rund 3,5 Millionen Menschen in Burkina Faso keinen sicheren Zugang zu Lebensmitteln.

 

Die prekäre Sicherheits- und humanitäre Situation haben zu einem enormen Anstieg der Binnenvertriebenen geführt; nach Schätzungen der UN sind rund 1,9 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Sie leben oft unter unzumutbaren Bedingungen, es mangelt bereits an der Grundversorgung mit Nahrung, Trinkwasser und Unterkünften. Viele der Binnengeflüchteten sind gezwungen, auf der Straße oder in provisorischen, notdürftigen Behausungen zu schlafen; andere kommen bei Verwandten oder FreundInnen unter, was jedoch die ohnehin sehr begrenzten Ressourcen der aufnehmenden Gemeinden belastet und weiteres Konfliktpotential schürt. Vor allem binnengeflüchteten Frauen und Mädchen sind einem massiven Risiko sexualisierter Gewalt ausgesetzt.

Die TDF-Partnerorganisation ABN als sichere Konstante!

Bereits seit 2015 betreibt die TDF-Partnerorganisation Association Bangr-Nooma (ABN) das Gewaltschutzzentrum CAECF (Centre d’Accueil, d’Ecoute et de Conseils pour les Femmes et les Filles) für hilfesuchende Frauen und Mädchen. Im Zeitraum von Januar bis Juni 2023 kümmerte sich das ABN-Team dort um rund 80 gewaltbetroffene Frauen und Mädchen. Die Formen der erfahrenen Gewalt sind dabei sehr unterschiedlich und reichen von physischer und psychischer über sexualisierte bis hin zu wirtschaftlicher Gewalt. Dementsprechend muss auch das Betreuungsangebot des Gewaltschutzzentrums breit aufgefächert sein. Neben psychologischer, medizinischer und rechtlicher Unterstützung leisten die MitarbeiterInnen auch präventive Aufklärungsarbeit zu weiblicher Genitalverstümmlung (engl. Female Genital Mutilation – FGM), häuslicher Gewalt, frühen Schwangerschaften und Kinderehen und weiteren potenziellen Frauenrechtsverletzungen.

Der schwierige Kampf gegen FGM

In Burkina Faso sind noch immer knapp 76 Prozent der Frauen und Mädchen von FGM betroffen. Kadissa* ist eine von ihnen. Nach ihrer Beschneidung bildeten sich bei ihr Keloide (Narbenwucherungen) im Genitalbereich – als ihr Mann diese in der Hochzeitsnacht sah, sah er darin eine Krankheit, wies Kadissa zurück und weigert sich seitdem, mit ihr intim zu werden. Stattdessen heiratete er eine zweite Frau, die zurzeit zum zweiten Mal schwanger ist. Kadissa wird wegen ihrer Kinderlosigkeit und der vermeintlichen Krankheit von den beiden ausgegrenzt und verspottet. Sie ist beschämt, verzweifelt und kann sich niemandem anvertrauen – bis sie schließlich bei ABN Rat und Unterstützung findet.

Fälle wie der von Kadissa zeigen, wie weitreichend die körperlichen wie sozialen Folgen von FGM sind, und wie wichtig es ist, über FGM und die damit verbundenen Risiken aufzuklären. ABN leistet diese herausfordernde Arbeit. Allein im ersten Halbjahr 2023 konnten sie insgesamt 1.505 Personen durch öffentliche Informationsveranstaltungen zu FGM sowie durch Hausbesuche zum Austausch im engeren Kreis erreichen und sensibilisieren. Bei den Hausbesuchen verwendet ABN auch reale Fotoaufnahmen der Folgen von weiblicher Genitalbeschneidung – eine drastische Methode, die aber Wirkung zeigt. Das ABN-Team berichtet jedoch auch von den großen Hindernissen, auf die sie bei ihrer Aufklärungsarbeit immer wieder stoßen, etwa durch Männer, die Gewalt gegen Frauen nicht als für sie relevantes Thema betrachten, sowie die in weiten Teilen der Gesellschaft nach wie vor bestehende Tabuisierung von FGM und weiblicher Sexualität allgemein. Doch von diesen Herausforderungen lässt sich ABN nicht aufhalten!

Trotz der prekären humanitären und politischen Lage und der ständigen Bedrohung durch terroristische Anschläge bietet ABN eine sichere Anlaufstelle für hilfesuchende Frauen und Mädchen. Mit einer kleinen Spende können Sie diese Arbeit unterstützen und so ebenfalls dazu beitragen, Mädchen und Frauen in Burkina Faso vor FGM und anderen Gewaltformen zu schützen!

*Name aus Datenschutzgründen geändert

Stand 08/2023

  • © TDF
nach oben
Jetzt spenden