• 31.05.2021

Menschenrechtsaktivistin aus Kolumbien zu Gast bei TERRE DES FEMMES

Berlin, 31.05.2021.„Durch unseren Friedensprozess in Kolumbien haben wir verstanden, dass Frieden nicht nur die Abwesenheit von Krieg ist“, sagtJuly Cassiani-Hernandéz, Menschenrechtsaktivistin aus Cartagena und aktuell zu Gast in Deutschland,„sondern auch die Anwesenheit von sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Regierungsführung voraussetzt. Eines der wichtigsten Prinzipien ist die Anerkennung der Grundbedürfnisse eines jeden Menschen, wie Nahrung, Obdach und Gesundheit. Es trägt zum Aufbau einer sozialen Gesellschaft bei.“

TERRE DES FEMMES unterstützt July Cassiani-Hernandéz als Gastorganisation während ihres Aufenthaltes, der durch ein Stipendium der Elisabeth-Selbert-Initiative des Auswärtigen Amtes und des Instituts für Auslandsbeziehungen ermöglicht wird. July Cassiani-Hernandéz ist seit Jahren aktiv in verschiedenen internationalen und kolumbianischen NGOs. DieConstructores de Paz(FriedensstifterInnen) etwa arbeiten mit Jugendlichen daran, sie als Teil einer Zivilgesellschaft zu stärken und ihre aktive friedliche Partizipation am öffentlichen Leben zu fördern und weiterzuentwickeln. Dabei geht es vor allem um die Rechte von Kindern und Jugendlichen, mit einem Fokus auf die von Krieg und bewaffnetem Kampf Betroffenen.

„Wir freuen uns, einer Aktivistin wie July Cassiani-Hernandéz als Gastorganisation zur Seite zu stehen. TERRE DES FEMMES trägt so dazu bei, AkteurInnen im Einsatz für Menschenrechte direkt zu unterstützen und sie auf internationaler Ebene zu vernetzen. Gerade Aktivistinnen werden weltweit massiv angegriffen, nicht nur für ihr politisches oder soziales Engagement, sondern auch deshalb, weil sie Frauen sind“,so Bundesgeschäftsführerin Christa Stolle.

Seit knapp einem Monat gehen in Kolumbien jeden Tag Tausende vor allem junge Menschen in Cali, Cartagena und Bogotá auf die Straße. Sie kämpfen für eine gerechtere Gesellschaft ohne Gewalt. Eine Steuerreform, die die extreme soziale Ungleichheit im Land noch weiter verschärft hätte und die inzwischen zurückgenommen wurde, hatte die Proteste ausgelöst. Doch nun geht es um viel mehr: Arbeitslosigkeit, Korruption und strukturelle Ungerechtigkeit, der verschleppte Friedensprozess mit der FARC – immer mehr Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft haben sich den Protesten angeschlossen. Die Regierung von Iván Duque reagiert hart. Nach der Zählung der"Defensoria del Pueblo", der Ombudsstelle für Menschenrechte, wurden mindestens 26 Menschen bei den Demonstrationen oder in deren Umfeld getötet. Etwa 145 Menschen werden vermisst. (ARD, 8.5.21)
Die aktuellen Proteste richten sich auch gegen die seit Beginn des Friedensprozesses 2016 stark zunehmende Verfolgung und Ermordung sozialer Führungspersonen, v.a. von MenschenrechtsaktivistInnen. Nach einem Bericht vonFront Line Defenderskamen 177 der 331 weltweit ermordeten AnführerInnen sozialer Bewegungen 2020 aus Kolumbien.

July Cassiani-Hernandéz verfolgt natürlich weiterhin die Proteste und das brutale Vorgehen der staatlichen Kräfte in Kolumbien und wirdhierin regelmäßigen Abständen darüber bloggen (auf Englisch). In einigen Artikeln wird sie auch von denErfahrungen aus ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen berichten – Betroffene des über 50 Jahre lang andauernden Bürgerkriegs in Kolumbien. Eine erste Geschichte ist die von Maria (Name geändert), der Tochter eines führenden Soldaten der ELN (Ejército de Liberación Nacional, der Nationalen Befreiungsarmee Kolumbiens), die schon seit ihrem achten Lebensjahr mit den Guerillakämpfern lebte. Sie war 14 Jahre alt und bereits zum dritten Mal schwanger, als sie einen Bombenangriff auf ihre Hütte im Dschungel überlebte. Das Rote Kreuz, das sie schließlich fand, konnte zwar ihr entzündetes Bein retten, nicht aber das ungeborene Kind. Für July Cassiani-Hernandéz zeigt Marias Geschichte, mit welchen traumatischen Erlebnissen gerade Mädchen und Frauen in der kolumbianischen Gesellschaft leben müssen. 

July Cassiani-Hernandéz kennt die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Land und kann die Konflikte fundiert beschreiben und bewerten, sowie über ihre Arbeit berichten.Sie steht gern für Interviews (auf Englisch und Spanisch) zur Verfügung.
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