• 01.11.2020

Ja zum Vollverschleierungsverbot in der Schweiz

Die Schweiz hat abgestimmt: Das Tragen einer Vollverschleierung, sprich einem Gesichtsschleier, der nur die Augen freilässt, ist nun verboten. 51,2 Prozent der SchweizerInnen haben am 7. März 2021 dafür gestimmt. TERRE DES FEMMES  (TDF) begrüßt das Vollverschleierungsverbot in der Schweiz und fordert die deutschen Parteien auf, sich im Rahmen der von TDF erstellten Wahlprüfsteine, diesem Thema anzunehmen.

Seit 2017 setzt sich die Schweizer Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ für ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum ein. Für die Initiative stellen Freiheit – „freie Menschen zeigen ihr Gesicht“ – und Gleichberechtigung die zentralen Gründe für ein Verbot dar, aber auch Sicherheit (Nicht-Vermummung auf Demonstrationen) und Terrorabwehr sind ihr ein Anliegen. Jedes Verbot muss gut überlegt sein und geht immer mit Ausnahmen einher, die in diesem Fall unter anderem für Mund-Nasen-Bedeckungen gelten.

TDF fordert seit 2016 ebenfalls ein gesetzliches Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit. Die Vollverschleierung repräsentiert ein inakzeptables Geschlechterbild. Eine einschränkende geschlechtsspezifische Kleidung steht der Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 GG entgegen.

Niqab und Burka sind Ausdruck eines rückwärtsgewandten Geschlechterverständnisses, demzufolge sich Frauen vor den (begehrlichen) Blicken fremder Männer schützen müssten. Außerdem ist das dahinterstehende Männerbild problematisch, weil es den Mann zu einem unkontrollierten, triebhaften Wesen stilisiert. Frauen sollen sich durch die Vollverschleierung von den Blicken dieser Männer schützen.

Der Kleidungsstil einer Frau steht in keinem Zusammenhang mit ihrer sexuellen Verfügbarkeit bzw. ihrem Wunsch nach sexueller Annäherung.

Die Vollverschleierung verletzt die Menschenwürde der Frau und ist Ausdruck von Sexismus und Geschlechtertrennung. Alle Formen des Körper- und Gesichtsschleiers sind Kennzeichen eines religiösen Fundamentalismus, der für Missachtung und Erniedrigung der Frau und ihrer Degradierung zu einem Objekt steht. Letztlich gehört das Gesicht zur Identität und macht mithilfe der Mimik einen großen Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation aus.

Der Gesichtsschleier ist aus feministischer Sicht nicht einfach ein Stück Stoff, ein Kleidungsstück wie jedes andere. Er symbolisiert den ultrakonservativen Islam salafistischer bzw. wahhabitisch-sunnitischer Ausrichtung und ist nicht ohne Grund mit dem IS assoziiert. Daher überrascht es nicht, dass viele muslimische Frauen und Männer der Vollverschleierung ablehnend gegenüberstehen. Wir solidarisieren uns mit den säkularen und liberalen MuslimInnen, die immer häufiger vonseiten konservativer unter Druck gesetzt werden. Mit der Unterstützung des Verhüllungsverbots solidarisieren wir uns zudem mit vielen liberalen Menschen, die in Ländern wie Saudi-Arabien oder dem Iran ihr Leben für den Kampf für Gleichberechtigung aufs Spiel setzen.

TERRE DES FEMMES macht sich stark gegen alle Menschenrechtsverletzungen, die Mädchen und Frauen weltweit allein deshalb erdulden müssen, weil sie weiblich sind. TDF folgt in ihrem Engagement dem feministischen Leitbild: Die Geschlechter sind einander ebenbürtig – ohne Wenn und Aber. Festzementierte Positionen für Frauen in Familie und Gesellschaft werden abgelehnt, unabhängig davon, ob sie religiös, kulturell, als Tradition oder als natürliche Bestimmung definiert werden.

Daraus folgt: TERRE DES FEMMES lehnt sexistische, rassistische, rechtsextreme, populistische, islamistische und andere religiöse fundamentalistische Ideologien ab, die zur Begründung für Gewalt gegen Frauen und als Instrument ihrer Unterdrückung herangezogen werden.

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