© UNICEF Data: Monitoring the situation of children and women. 2019. Country profile Guinea
Verbreitung
Das westafrikanische Land Guinea ist weltweit das mit der zweithöchst gemessenen Verbreitungsrate von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM - Female Genital Mutilation). Im ganzen Land liegt diese über 80%. 97% aller Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) und 46% aller Mädchen (0-14 Jahre) sind beschnitten. FGM wird von allen verbreiteten Religionen und ethnischen Gruppen in Guinea praktiziert. Die höchsten Prävalenzraten, 99,5%, weisen die Gruppen der Soussou, Peulh und Toma auf. Die Niedrigste ist mit 66% die Gruppe der Guerzé (Mädchen und Frauen 15-49 Jahre). In Lower Guinea und Upper Guinea ist das Beschneidungsalter etwas höher. Hier werden Mädchen mit Eintritt in die Pubertät beschnitten. In Middle Guinea sind sie üblicherweise vier bis acht Jahre alt.
Studien zeigen, dass eine höhere Bildung von Frauen nicht die Prävalenzraten von FGM senken, da sich die Praktik durch alle Bildungshintergründe zieht. Dazu gibt es einen klaren Trend zur Medikalisierung, da FGM immer mehr von medizinischem Personal durchgeführt wird.
Zahlen
Betroffene: 46% der Mädchen (0-14 Jahre) und 97% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Religion: 99% muslimisch, 90% animistisch & keiner Religion angehörend, 78% andere christliche Religionen
Befürworterinnen: 76% der Mädchen und Frauen, 58% der Jungen und Männer (15-49 Jahre)
Alter: 22% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) wurden vor dem 4. Lebensjahr beschnitten, weitere 60% zwischen dem 5. und 9. und nochmals 16% zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr.
68% der Eingriffe werden durch traditionelle Beschneiderinnen vorgenommen, 31% durch medizinisches Personal (Tendenz steigend)
Formen
92% der Mädchen (0-14 Jahre) erfuhren Typ I (Klitoridektomie) und Typ II (Exzision) von FGM. Bei ersterem wird der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut entfernt. Bei der Exzision wird ebenfalls der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris entfernt sowie der inneren Schamlippen mit oder ohne Beschneidung der äußeren Labien. Typ III (Infibulation) von FGM wurde bei 6% der Mädchen (0-14 Jahre) vorgenommen. Hierbei wird die Vaginalöffnung durch Bildung eines deckenden Verschlusses verengt, indem die inneren und/oder äußeren Schamlippen aufgeschnitten und zusammengefügt werden, mit oder ohne Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris.
Begründungsmuster
Als Erklärung für die Fortdauer und Legitimierung der Verstümmelungen dienen vor allem soziokulturelle Argumente. Eine Frau mit unversehrten Genitalien gilt in Guinea als nicht ebenbürtig, nicht achtenswert und unrein. Zudem soll die Praktik dazu dienen, dem Mädchen wichtige moralische Werte wie Ehrgefühl, Würde und Sittsamkeit zu vermitteln.
68% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) und 57% der Jungen und Männer (15-49 Jahre) glauben außerdem, dass ihre Religion weibliche Genitalverstümmelung vorschreibe.
Gesetzliche Lage
Seit 1965 hat Guinea harte Strafen für weibliche Genitalverstümmelung vorgesehen (Verfügung Nr. D/96/205/PRG/SGG vom 5 December 1996, Code of Medical Deontology [Artikel 40]). Der durchführenden Person droht mit jeder Beschneidung eine Verurteilung zu lebenslangem Arbeitsdienst laut Artikel 265 des Strafgesetzbuchs. Allgemein ist jedoch festzuhalten, dass nur sehr selten bis nie rechtliche Schritte gegen diesen Gesetzesverstoß eingeleitet werden. Seit 2000 ist das Verbot von FGM auch in die Verfassung Guineas integriert und verschärft worden. 2016 wurde nochmals eine Verfügung in Bezug auf das Strafgesetzbuch veranlasst, was FGM unabhängig davon, ob traditionelle oder moderne Methoden angewandt wurden, strafbar macht (beinhaltet medizinische Fachkräfte). Es wurden jedoch keine Klagen gegen FGM eingereicht, da Betroffene Straflosigkeit der TäterInnen fürchten.
Die Regierung hat die Durchführung der Praktik in medizinischen Zentren verboten, doch leider zeigt sich hier wenig Effekt, da es hauptsächlich außerhalb des offiziellen medizinischen Systems stattfindet.
Haltung und Tendenzen
Die Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung ist in Guinea in den vergangenen 20 Jahren recht stabil geblieben. Die Zahl der Befürworterinnen sank von 68% (1998) auf 67% (2016).
Links
- http://data.unicef.org/corecode/uploads/document6/uploaded_country_profiles/corecode/222/Countries/FGMC_GIN.pdf
- http://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=321:guinea-mit-deutscher-hilfe-wehren-sich-frauen-gegen-beschneidung&catid=27&Itemid=69
- https://www.giz.de/expertise/downloads/giz2011-de-fgm-gesetzgebung.pdf
- http://www.refworld.org/docid/46d5787832.html
- http://www.unicef.org/media/files/FGCM_Lo_res.pdf
- http://www.childinfo.org/files/Guinea_FGC_profile_English.pdf
- http://www.state.gov/documents/organization/204339.pdf
- http://www.unicef-irc.org/publications/pdf/fgm_eng.pdf
- http://en.starafrica.com/news/fgm-in-guinea-on-the-wane.html
- http://womensenews.org/story/genital-mutilation/070729/guinea-woman-savors-victory-in-hard-won-fgm-case#.Us15USTx8nE
- https://www.28toomany.org/country/guinea/
Stand 12/2019