Kenia

© UNICEF Data: Monitoring the Situation of Children and Women. 2019. Country Profile: Kenia© UNICEF Data: Monitoring the Situation of Children and Women. 2019. Country Profile: Kenia

Vorkommen

Die von internationalen Organisation sowie von Kenia selbst verurteilte Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM - Female Genital Mutilation) wird traditionell von 38 der insgesamt 43 ethnischen Gruppen Kenias praktiziert. Trotz des landesweiten Rückgangs der Akzeptanz – vor allem in urbanen Gebieten unter jüngeren Frauen mit hohem Bildungsstand – wird FGM in manchen ethnischen Gruppen wie bei den Kidii, Maasai, Somali, Samburu und Kuria bei nahezu allen heranwachsenden Mädchen praktiziert.

FGM ist unabhängig von der Religion sowohl bei MuslimInnen (51%), Römisch Katholischen (22%), anderen Christlichen Religionen (18%) und keiner Religion Angehörigen (33%) verbreitet. Die höchste Beschneidungsrate einer Ethnie liegt bei 94%, die niedrigste bei 0,2%.

Im gesamten Land sind insgesamt 21% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) von FGM betroffen.

Zahlen

Betroffene: 3% der Mädchen (0-14 Jahre) und 21% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Befürworterinnen: 6% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Beschneidungsalter: 3% der Mädchen erlebte FGM vor der Vollendung ihres 4. Lebensjahres, 46% zwischen dem 5. und 9., 43% zwischen dem 10. und 14. und nochmals 16% nach ihrem 15. Geburtstag

75% der Bescheidungen werden von einer traditionellen Beschneiderin durchgeführt.

Formen

In Kenia sind 8% der Genitalverstümmelungen eine Infibulation (Typ III). Das heißt, das gesamte äußerlich sichtbare Genital wird herausgeschnitten und die offene Wunde bis auf ein kleines Loch vollständig zugenäht. 86% der stattfinden Formen von FGM stellen Typ I (Klitoridektomie) oder Typ II (Exzision) nach der WHO-Klassifikation dar. Bei Typ I wird der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und/ oder die Klitorisvorhaut teilweise oder vollständig entfernt. Bei der Exzision wird der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris und der inneren Schamlippen mit oder ohne Beschneidung der äußeren Lippen teilweise oder vollständig entfernt.

Begründungsmuster

Unter manchen ethnischen Gruppen wie den Maasai, Meru und Marakwet wird die weibliche Genitalverstümmelung als Initiation in das Frausein verstanden. Bei der Mungiki-Sekte der Kikuyu wird FGM auch als Rückkehr zur präkolonialen Tradition und Kultur geschätzt. Für die Abugisi, bei denen der Eingriff von medizinischen Fachkräften durchgeführt wird, steht FGM für soziales Ansehen und Prestige. Bei den Somalis im Nord-Osten von Kenia wird die Praktik der Genitalverstümmelung mit Religion, Kultur und Enthaltsamkeit assoziiert.

Hygiene, Ästhetik und Gesundheit stellen ebenfalls wichtige Gründe dar. Es wird geglaubt, dass die Genitalien der Frauen schmutzig, unschön und schädlich seien und die Klitoris eine gesundheitliche oder gar lebensbedrohliche Gefahr für die Frau selbst sowie für ihre Kinder bei der Geburt und ihren Mann während des Geschlechtsverkehrs darstelle.

In den meisten Gesellschaften ist die weibliche Genitalverstümmelung eine Voraussetzung für die Heirat. Da die soziale Integration der Frau und ihr wirtschaftliches Überleben von der Heirat bzw. vom Mann abhängen, sind Frauen, die unversehrt bleiben wollen, sowie ihre Familien einem massiven sozioökonomischen Druck ausgesetzt.

Gesetzliche Lage

Ende der 1920er haben britische Missionare eine Kampagne gegen FGM initiiert, die auf erheblichen Widerstand seitens der größten ethnischen Gruppe Kenias – den Kikuyu – stieß.

Die erste Gesetzgebung zur Minderung der Auswirkungen der Praktik wurde zwischen 1926 und 1954 von der Kolonialregierung in Kraft gesetzt. Die darauffolgende politische Opposition widerrief im Jahr 1958 alle Beschlüsse.

Im Jahr 1982 verurteilte Präsident Moi die weibliche Genitalverstümmelung öffentlich und plädierte während der 80er und 90er Jahre für die Unterlassung der Praktik. Im Jahr 1982 beschloss die Verwaltung der medizinischen Einrichtungen, FGM in staatlich geförderten und Missionskrankenhäusern nicht mehr durchzuführen.

Im Jahr 1984 ratifizierte Kenia CEDAW (Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau) sowie 1990 die Kinderrechtskonvention. Außerdem wurde ein Rat zum Umgang mit traditionellen Praktiken gegründet.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Maendeleo Ya Wanawake Organization (MYWO) (die nationale Frauenorganisation) einer der Hauptakteure im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. 1996 starteten sie die Kampagne „PATH – Beschneidung durch Worte“, die einen alternativen Ritus des Übergangs vom Kindsein zum Frausein bot.

2011 beschloss das Kenianische Parlament das Kindergesetz, das FGM an Kindern unter 18 Jahren kriminalisiert und zwölf Monate Gefängnisstrafe und/oder 600$ Bußgeld als Strafmaß vorsieht. Heute gilt das Verbot von FGM auch bei erwachsenen Frauen und damit ist weibliche Genitalverstümmelung in Kenia illegal. Außerdem gilt FGM in Kenia als Auslandsstraftat, so dass auch Taten, die im Ausland begangen werden, verfolgt und bestraft werden können.

Haltung und Tendenzen

Die Befürwortung von FGM ist unter Frauen zwischen 15 und 49 Jahren zurückgegangen. Im Jahr 2008 unterstützten noch 10% das Weiterbestehen von FGM, 2014 sank die Zahl der Befürworterinnen auf 6%.

Auch die Zahl der Betroffenen ist in Kenia in diesen Jahren gesunken, von 27% auf 21%. Insgesamt sprechen sich 93% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) und 89% der Jungen und Männer (15-49 Jahre) für das Beenden von FGM aus.

 

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Stand 12/2019