Vier Formen der weiblichen Genitalverstümmelung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM), wie folgt: „FGM umfasst alle Praktiken, bei denen das äußere weibliche Genital teilweise oder vollständig entfernt wird sowie andere medizinisch nicht begründete Verletzungen am weiblichen Genital.“
(WHO Female genital Mutilation – Fact sheet N°241, updated February 2014).

Dabei unterscheidet die WHO vier Formen von weiblicher Genitalverstümmelung:

Typ I - Entfernung oder Verletzung der Klitoris und/oder Klitorisvorhaut

Typ I, die „Klitoridektomie“, bezeichnet die teilweise oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut.

Die Klitoridektomie wird regelmäßig praktiziert, wenn die Gesellschaft Mädchen für unrein hält oder weil einige Religionsgelehrte dies als verpflichtend bezeichnen. Dabei empfiehlt keine heilige Schrift die weibliche Genitalverstümmelung und auch vermeintlich harmlose Eingriffe schädigen die psychische und körperliche Gesundheit des Mädchens (z.B. durch Infektionsrisiken), was in allen Weltreligionen verboten ist.

Ist von der „milden“ Sunna-Beschneidung (sunna: arabisch für „empfohlen“) zu lesen, bezeichnet dies häufig einen kleinen Schnitt in der Klitoris, so dass „nur“ ein Bluttropfen fließt. Mitunter werden jedoch auch Eingriffe als „sunna“ bezeichnet, bei denen Gewebe entfernt wird.

Typ II - zusätzlich zu Typ I werden die inneren Schamlippen gekürzt oder komplett entfernt

Typ II, die „Exzision“, bedeutet, dass der äußerlich sichtbare Teil der Klitoris sowie die inneren Schamlippen teilweise oder vollständig entfernt werden. Mitunter werden auch die äußeren Schamlippen verstümmelt.

Diese Form der Genitalverstümmelung wird oft zum Zwecke der Initiation, welche den Übergang vom Kind sein zur Frau darstellt, praktiziert. Teil des Rituals ist es z.B., dass das Mädchen während der Genitalverstümmelung weder weint noch schreit. Dadurch soll sie ihren erwachsenen Charakter beweisen und zeigen, dass sie würdig ist, in der Gesellschaft die für sie bestimmte Rolle zu erfüllen.

Typ III - komplettes äußeres Genital wird entfernt und bis auf ein kleines Loch zugenäht

Typ III, die „Infibulation“, ist die schwerste Form von weiblicher Genitalverstümmelung. Das gesamte Genital (Klitoris(vorhaut) und Schamlippen) werden entfernt und die Wunde bis auf ein kleines Loch zugenäht. Durch dieses kleine Loch sollen Urin und Menstruationsblut abfließen, aber keine Penetration möglich sein. Diese Form wird vor allem in Gemeinschaften praktiziert, in denen der Wert einer Frau allein durch Jungfräulichkeit und eheliche Treue bestimmt wird. Die Penetration in der Hochzeitsnacht oder eine Geburt kann den Schmerz und das Trauma der Genitalverstümmelung reaktivieren oder sogar noch übertreffen.

Typ IV - jegliche andere Praktiken die teilweise physische und/oder psychische Schäden hinterlassen

Typ IV bezeichnet alle weiteren, medizinisch nicht begründeten Eingriffe, welche die Vulva und Klitoris der Frau nachhaltig schädigen. Darunter fallen z.B. Ätzen, Brennen, Scheuern und das Auftragen von nervenschädigenden oder betäubenden Substanzen. Praktiken wie das Räuchern, Tupfen oder Auflegen von magischen Gegenständen hinterlässt zwar keine physischen Schäden, wird aber dennoch in der Absicht ausgeübt, die Sexualität des Mädchens zu kontrollieren.