Wenn Menschen ihre Heimat, ihre Familie und ihre Freunde verlassen müssen, nehmen sie etwas zur Erinnerung mit. Etwas, das sie mit dem Ort ihrer Kindheit verbindet, etwas, das ihnen und ihren Lieben bestätigt, dass sie noch immer zusammengehören, auch wenn sie sich vielleicht jahrelang nicht sehen. Immaterielle Kulturgüter (z.B. Sprache, Kochgewohnheiten, spezifisches Wissen, Familienstruktur, Feiertage, Musik usw.) werden oft lange bewahrt und schaffen Vertrauen und Nähe zwischen Menschen ähnlicher Herkunft an einem neuen Wohnort. Je nachdem wie viel Zugang die Mitglieder zu den Leistungen und Privilegien der Mehrheitsgesellschaft haben und ob ihre Qualifikationen und Kompetenzen wert geschätzt werden, bilden sich offenere oder geschlossenere Diaspora-Communities. Pauschalisierend kann man sagen, dass die geographische und politische Nähe zwischen Herkunftsland und Residenzland sowie die Größe des finanziellen Polsters bei Ankunft zu proportional offenen Communities führt.
In geschlossenen Communities haben viele Personen Erfahrungen gemacht, die Misstrauen und Frust hervorrufen. Dies festigt den Bund zwischen den Diaspora-Mitgliedern und dieser wird durch ein Leben gemäß der gemeinsamen Werte gestärkt.
Es ist bekannt, dass Diaspora-Mitglieder auf Traditionen und Rituale oft stärker beharren als Menschen in ihren Herkunftsländern. Dies macht kulturellen Wandel im Allgemeinen schwer und die Förderung der Abschaffung schädlicher Kulturgüter notwendig.
Weibliche Genitalverstümmelung ist eins dieser schädlichen Kulturgüter, das von den Praktizierenden teils aus Respekt vor ihrer Herkunft fortgeführt wird, teils aber auch aus Angst, bei Opposition gegen diese Tradition Probleme in der Diaspora-Community zu bekommen.
Der soziale Druck gefährdet Mädchen, die sich selbst als Teil der Mehrheitsgesellschaft sehen und weit mehr und bessere Chancen im Leben haben, als ihre Eltern. Diese Mädchen schädigt die weibliche Genitalverstümmelung vielfach, da die „Vorteile“ wie hohes Brautgeld und die Erfüllung eines fernen Schönheitsideals für ihr Leben irrelevant sind. Zudem nimmt dieser Eingriff den Mädchen die Möglichkeit, frei ihre eigene Identität zu finden.
Weibliche Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung, die auch in Europa alltäglich ist und Mädchen und Frauen ihre Würde abspricht, ihren Freiraum beschränkt und ihre Rechte leugnet.