Susanna Keim mit den Bewohnerinnen und MitarbeiterInnen des Mädchenschutzhauses © TDFSusanna Keim, Mitarbeiterin im Referat für Internationale Zusammenarbeit bei TERRE DES FEMMES, hat unsere langjährige Partnerorganisation Amazonian Initiative Movement (AIM) in Sierra Leone besucht, und mit eigenen Augen die Arbeit bewundert, die AIM und TDF dort gemeinsam für Frauen und Mädchen leisten. Die Reise beinhaltete den Besuch unserer Partnerprojekte und intensiven Austausch mit den dort unterstützten Frauen, dem AIM-Team und anderen AktivistInnen, die sich gegen Gewalt an sierra-leonischen Frauen und insbesondere gegen die im Land nach wie vor weit verbreitete Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation - FGM) einsetzen.
Ein zentraler Programmpunkt war zweifellos der Besuch des mit der Unterstützung von TDF aufgebauten Mädchenschutzhauses – die einzige Einrichtung dieser Art in ganz Sierra Leone. Aktuell sind 12 Mädchen und junge Frauen im Schutzhaus untergebracht, die jüngste ist 13, die älteste 21 Jahre alt. Die meisten sind vor der Bedrohung durch FGM geflohen, andere waren von häuslicher Gewalt betroffen, sollten zwangsverheiratet werden oder haben ihre Eltern an die Ebola-Epidemie verloren. Im Schutzhaus haben sie eine sichere Zuflucht gefunden und können ihre Schulbildung fortsetzen. Susanna wurde von ihnen mehr als herzlich willkommen geheißen und war von der Resilienz und dem Zusammenhalt der Mädchen beeindruckt: Trotz aller Schwierigkeiten, die sie durchgemacht haben, wird im Schutzhaus viel gelacht, getanzt und gesungen, die Mädchen unterstützen sich bei alltäglichen Dingen wie beispielsweise den Hausaufgaben und sind füreinander da, wenn eine von ihnen traurig ist. Sie betrachten einander nicht nur als Freundinnen, sondern als Familie.
Hochkonzentriertes Arbeiten bei der Seifenherstellung im Berufsbildungsprojekt © TDF
Darüber hinaus konnte Susanna auch an den Seifenherstellungs- und Alphabetisierungskursen des erst in diesem Jahr erfolgreich gestarteten Berufsbildungsprojekts teilnehmen. Insgesamt 30 Teilnehmerinnen profitieren von dem Projekt: Neben 10 älteren Mädchen aus dem Schutzhaus auch 10 ehemalige Beschneiderinnen, die sich alternative Verdienstmöglichkeiten erschließen und FGM damit endgültig hinter sich lassen wollen, und 10 Schulabbrecherinnen ohne berufliche Perspektiven. Als sie ihre Geschichten erzählten, wurde schnell klar, wieviel Druck und Verantwortung auf ihren Schultern lastet. Die meisten von ihnen haben mehrere Kinder, deren Väter nicht präsent, verstorben oder schlicht arbeitslos sind, und es liegt an den Frauen, ihre Kernfamilie und oft auch noch Eltern oder Schwiegereltern zu ernähren. Auf eine Gelegenheit wie das Berufsbildungsprojekt haben sie sehnsüchtig gewartet, und ihre Begeisterung und Entschlossenheit, sich darüber neue Möglichkeiten zu erschließen, waren beim Beobachten der Kurse deutlich spürbar.
Neben dem Besuch unserer Partnerprojekte bot die Reise auch viele Gelegenheiten zum Austausch mit dem AIM-Team und dem Kennenlernen weiterer von der Organisation betreuter Projekte. Mit dem AIM-Team, 2.v.l. AIM-Gründerin und -Leiterin Rugiatu Turay © TDFDarunter zählten eine von AIM aufgebaute Schule mit einem dazugehörigen Waisenhaus, das „Village Savings and Loan“-Projekt, bei dem die rund 140 TeilnehmerInnen ein System zum gemeinsamen Sparen und nachhaltigeren Umgang mit ihren Einkünften erlernen, und ein neues Schulbauprojekt in der abgelegenen Gemeinde Matimba, deren Kinder bislang überhaupt keinen Zugang zu einer Schule hatten. Darüber hinaus betreibt AIM unermüdlich Aufklärungs- und Advocacy-Arbeit im Kampf gegen FGM, sowohl vor Ort in Gemeinden in allen Regionen Sierra Leones als auch gegenüber der Politik des Landes.
Gemeinsam mit AIM-Gründerin und -Leiterin Rugiatu Turay traf Susanna den deutschen Botschafter Horst Gruner und dessen Stellvertreter Patrick Dzierzon in der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown, um die Arbeit von AIM und TDF vorzustellen und sich zum Thema weibliche Genitalverstümmelung auszutauschen. Weitere Programmpunkte waren die Teilnahme an einem Koordinierungstreffen mit einer Vielzahl gegen FGM arbeitender NGOs aus Sierra Leone, sowie die Vernetzung mit der Cotton Tree Foundation, die sich wie AIM und TDF sowohl gegen FGM als auch für das wirtschaftliche Empowerment von Frauen und Mädchen einsetzt.
Der Besuch in Sierra Leone hat mehr als deutlich gemacht, wie motiviert und entschlossen die sierra-leonischen Mädchen und Frauen sind, sich trotz aller Hindernisse eine gewaltfreie und selbstbestimmte Zukunft aufzubauen. TDF ist stolz darauf, sie gemeinsam mit AIM dabei unterstützen zu können! Wir freuen uns, wenn auch Sie mit einer Spende mithelfen – jeder Euro macht einen Unterschied!