Opfer und Täterinnen zugleich – was der „Machismo“ mit Frauen in Nicaragua macht und wie sie es schaffen, gewaltfrei zu leben. Zwei Psychologinnen berichten…

Lidia Moreno, psychologische Beraterin von MIRIAM in Estelí, im Interview. Foto: © Itzel ChavarríaLidia Moreno, psychologische Beraterin von MIRIAM in Estelí, im Interview. Foto: © Itzel ChavarríaNicaragua – auf der einen Seite beliebtes Urlaubsziel mit Traumstränden an Karibik und Pazifik. Auf der anderen Seite eine der höchsten Gewaltraten gegen Frauen weltweit. Befeuert wird sie durch den nach wie vor starken „Machismo“,  demgemäß Frauen das „schwache Geschlecht“ und Männern untergeordnet sind, einflussreiche Institutionen wie die katholische Kirche, die konservative Rollenbilder propagieren, und eine ebenso langsame wie ineffiziente Umsetzung  geltender Gesetze. Von den Reformen am Gewaltschutzgesetz („Ley 779“) zu Ungunsten der Frauen ganz zu schweigen.

Allein in den acht Monaten des laufenden Jahres zählte das zentralamerikanische Land 40 Frauenmorde. In Nicaragua gibt es weltweit die meisten Teenager-Schwangerschaften – diese resultieren in der Mehrzahl aus sexuellem Missbrauch. Zudem gilt ein totales Abtreibungsverbot, auch bei medizinischer Notwendigkeit oder nach einer Vergewaltigung. Gewalt gegen Frauen gehört in vielen Familien zum Alltag. Auch viele der betroffenen Frauen stellen sie nicht in Frage, sondern sehen sie als legitime Bestrafung bei Verstößen gegen herrschende Machtstrukturen. Manche Frauen sind selbst gewalttätig, z.B. ihren Kindern gegenüber. Sie leben und verteidigen machistische Rollenbilder und erziehen ihre Kinder danach. Überspitzt könnte man sagen, sie sind Opfer und Täterinnen zugleich.

MIRIAM, die Partnerorganisation von TERRE DES FEMMES in Nicaragua, berät Frauen mit Gewalterfahrung psychologisch. Wir wollen von den Psychologinnen des MIRIAM-Teams wissen, wie sie das genau machen und was ausschlaggebend ist, damit Frauen ein Leben frei von Gewalt führen können. Im Interview sprechen wir mit Scarleth Díaz, seit 2007 psychologische Beraterin in der Hauptstadt Managua, und Lidia Moreno, seit 2001 psychologische Beraterin in der Stadt Estelí im Norden des Landes.

Interview mit den psychologischen Beraterinnen von MIRIAM

Stand: 08/2017