Anlässlich des Europäischen Tages gegen Menschenhandel macht TERRE DES FEMMES auf die weiterhin prekäre Situation für Betroffene von Frauenhandel in Deutschland aufmerksam. Es ist unklar, wie viele Mädchen und Frauen wirklich von Menschenhandel betroffen sind. Einziger Anhaltspunkt sind die Zahlen über das Hellfeld im Jahresbericht 2015 (PDF-Datei) des Bundeskriminalamts (BKA). Letztes Jahr wurden 364 abgeschlossene Ermittlungsverfahren und 416 Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gezählt - weniger als in den Vorjahren. Es wäre jedoch ein Fehler, dies als Anzeichen eines Rückgangs von Menschenhandel in Deutschland zu deuten.
Nicht aufgeführt im BKA-Bericht sind Ermittlungsverfahren, welche wegen der Beweislage oder fehlender Aussage eingestellt werden, und Fälle von Menschenhandel, bei denen es nie Kontakt zur Polizei oder eine Aufnahme von Ermittlungen gab. Das BKA stellt in seinem Bericht fest: "Viele Opfer sind sich ihrer Zwangslage nicht bewusst oder geben sich selber die Schuld an ihrer Situation. Darüber hinaus fehlen gerade ausländischen Opfern häufig Kenntnisse über ihre Rechte." 96% der Betroffenen von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sind Mädchen und Frauen. Vorrangig stammen die Betroffenen aus Rumänien, Deutschland und Bulgarien, und mehr als die Hälfte ist unter 21 Jahre alt. Täter*innen kommen größtenteils aus Deutschland, Rumänien und Bulgarien.
Gesetzesänderungen mit Auswirkungen auf Betroffene von Menschenhandel
TERRE DES FEMMES begrüßt, dass jetzt nach dreijähriger Verspätung das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer (PDF-Datei) vom Bundestag beschlossen und am 23.09.2016 vom Bundesrat gebilligt wurde. Wir bedauern jedoch, dass das neue Gesetz den umfassenden menschenrechtlichen Vorgaben der EU-Richtlinie nicht gerecht wird. Lesen Sie hierzu unsere Reaktion auf den Gesetzesentwurf.
TERRE DES FEMMES kritisiert, dass die gesetzlichen Verschärfungen im Bereich Aufenthalts- und Asylrecht und die hohe Arbeitsbelastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) negative Auswirkungen auf die Situation der Betroffenen von Menschenhandel haben können. Betroffene laufen Gefahr, übersehen zu werden und daher keine Hilfe zu bekommen, oder sogar in ihr Heimatland abgeschoben zu werden. Asylsuchende aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ durchlaufen ein verkürztes Asylverfahren, wodurch ihre Einzelfallprüfung in der Regel als völlig unzureichend zu bewerten ist. Hier sind besondere Unterstützungs-, Betreuungs- und Schutzmaßnahmen unbedingt notwendig.
Stand: 10/2016