ExpertInnengruppe gegen Menschenhandel des Europarats fordert mehr Opferschutz für Betroffene von Menschenhandel

Im Juni 2014 hat die ExpertInnengruppe gegen Menschenhandel des Europarats (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings - GRETA) Deutschland besucht und überprüft, inwiefern die Europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels, die Deutschland bereits im Jahr 2012 ratifiziert hat, auch tatsächlich in deutsches Recht umgesetzt wurde.

Am 03.06.2015 wurde nun der entsprechende Bericht veröffentlicht. Er greift viele langjährige TERRE DES FEMMES-Forderungen auf und zeigt, dass es in Deutschland noch viel im Kampf gegen den Menschenhandel zu tun gibt!

In ihrem Bericht fordert GRETA die deutsche Bundesregierung u.a. auf, einen umfassenden nationalen Aktionsplan im Kampf gegen den Menschenhandel zu entwerfen. Außerdem fordert GRETA, dass die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern, die Opfer von Menschenhandel sind, stärker berücksichtigt wird. Zwar werden im vorliegenden Bericht die vorhandenen Beratungsstellen zur Unterstützung von Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung begrüßt, gleichzeitig werden aber deren instabile Finanzierung und das Fehlen von Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und anderer Ausbeutungsformen kritisiert. Auch TERRE DES FEMMES fordert seit langem eine stabile und ausreichende Finanzierung der Beratungsstellen.

Zudem fordert GRETA den Verzicht auf Strafverfolgung bzw. die Straffreiheit der Betroffenen von Menschenhandel, in Fällen, in denen die Betroffenen Vergehen im Rahmen des Menschenhandels bzw. als dessen Folge begangen haben. Derzeit gehen Betroffene, die sich dazu entscheiden, Anzeige gegen ihre TäterInnen zu erstatten, gleichzeitig das Risiko ein – z.B. aufgrund des Besitzes falscher Papiere – strafrechtlich belangt zu werden. Der Verzicht auf Strafverfolgung bei Betroffenen von Menschenhandel ist ebenfalls eine langjährige Forderung von uns.

In Deutschland erhalten Opfer von Menschenhandel nur sehr selten staatliche Entschädigungsleistungen sowie Entschädigungszahlungen seitens der TäterInnen. Die derzeitigen Entschädigungsregelungen schließen Betroffene von Menschenhandel aus, die keine physische Gewalt erfahren haben. Daher fordert GRETA, dass für Deutschland ein staatliches Entschädigungssystem erarbeitet wird, welches den Zugang zur Entschädigung für alle Betroffenen von Menschenhandel garantiert. Auch diese Forderung unterstützt TERRE DES FEMMES und hat bereits in zahlreichen Stellungnahmen auf diesen Missstand aufmerksam gemacht.

Auch unsere langjährige Forderung nach einer aufenthaltsrechtlichen Verbesserung für Opfer von Menschenhandel wird im Bericht aufgegriffen. So heißt es im Bericht, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden sollen, um sicherzustellen, dass Betroffene von Menschenhandel eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland erhalten.  

Problematisch ist außerdem, dass nicht zwischen erwachsenen und minderjährigen Opfern unterschieden wird. Auch Kinder, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, haben nach der deutschen Rechtssprechung keinen gesicherten Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung.

So ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei minderjährigen Betroffenen ebenfalls davon abhängig, ob das betroffene Kind in der Lage ist, vor Gericht auszusagen und ob seine Aussage für das Strafverfahren als sachgerecht und notwendig erachtet wir.

GRETA greift in ihrem Bericht eine langjährige Forderung von uns auf, dass betroffenen Kindern eine von ihrer Mitwirkung im Strafverfahren unabhängige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden muss.

In zwei Jahren muss die Bundesregierung dem GRETA Ausschuss erneut berichten, solange hat sie nun Zeit, die geforderten Änderungen und Empfehlungen umzusetzen.

Bericht der GRETA-Kommission:
"Report concerning the implementation of the Council of Europe Convention on Action against Trafficking in Human Beings by Germany""