Falsches Signal: Erster Prozess wegen weiblicher Genitalverstümmelung in Ägypten endet mit Freispruch (21.11.2014)

Berlin. Ein Mädchen stirbt während einer Genitalverstümmelung und der handelnde Arzt darf weiter praktizieren. Dieses Urteil schockiert FrauenrechtlerInnen auf der ganzen Welt. Im Juni 2013 starb die 12jährige Sohair al-Bata'a auf dem Operationstisch von Raslan Fadl in der Nähe von Agga im Nildelta. Ihr Vater hatte sie zuvor zur „Beschneidung“ in die Praxis gebracht, obwohl bekannt ist, dass Mädchen bei diesem Eingriff regelmäßig sterben. Die Familie Sohairs akzeptierte jedoch weder die sonst üblicherweise genannte Todesursache "Penicillinallergie", um die Ursache zu vertuschen noch die übliche Kompensationszahlung von ca. 2.000 Euro, sondern zeigte den Arzt an. Denn weibliche Genitalverstümmelung ist in Ägypten seit 2008 verboten. Obwohl ein ägyptischer Forensik-Experte vor Gericht aussagte, der Tod sei zweifelsfrei auf die Genitalverstümmelung zurückzuführen, sprach der Richter den Arzt am Donnerstag, den 20.11.2014 frei. Dr. Fadl soll der Mutter Sohairs eine Entschädigung von 560 Euro zahlen. Eine Begründung gab der Richter für seine Entscheidung nicht.

Das ägyptische Gesetz verbietet jede Form dieser Menschenrechtsverletzung mit Ausnahme von "medizinischer Notwendigkeit". Als Protest gegen diese Einschränkung hat TERRE DES FEMMES im Jahr 2012 über 12.000 Unterschriften an den ägyptischen Botschafter in Berlin überreicht und eine klare Regelung gefordert. Katharina Kunze, Referentin zu weiblicher Genitalverstümmelung bei TERRE DES FEMMES: "Dieses Urteil ist eine Farce, denn es untergräbt das Gesetz und das Recht eines jeden Mädchens auf körperliche Unversehrtheit. In Ägypten sind bereits 91 Prozent der Frauen von dieser Menschenrechtsverletzung betroffen. Der Freispruch ist ein Affront gegenüber allen internationalen Abschaffungsbemühungen."

Weibliche Genitalverstümmelung wird im Subsahararaum, im Nahen Osten und in Südostasien praktiziert. Katharina Kunze: „Die Staaten müssen gegen weibliche Genitalverstümmelung vorgehen. Wo Aufklärung und Gesetze einander ergänzen, sehen wir starke Rückgänge. In Ägypten wurde wenig über den Prozess berichtet und nun wird auch noch das Gesetz missachtet. Eine Genitalverstümmelung kostet derzeit in Ägypten 1-15 Dollar, das macht katastrophale Konsequenzen absehbar.“

Für Nachfragen und Interviews wenden Sie sich bitte an TERRE DES FEMMES,  Astrid Bracht (Pressereferentin), Tel. 030/ 40504699-25, oder per Mail an presse@frauenrechte.de