Paragraf 219a – a wie abschaffen

219a  Unterstützung statt Kriminalisierung. Foto: © TERRE DES FEMMES§219a Unterstützung statt Kriminalisierung. Foto: © TERRE DES FEMMESInformationen über Schwangerschaftsabbrüche MÜSSEN frei zugänglich sein

Laut Paragraf 219a dürfen Ärztinnen und Ärzte nur öffentlich machen, DASS sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sie dürfen aber nicht öffentlich darüber informieren WIE sie sie durchführen. Eine Katastrophe für betroffene Frauen! Informationen über Schwangerschaftsabbrüche MÜSSEN frei zugänglich sein.

TERRE DES FEMMES möchte gemeinsam mit der Agentur GREY Hamburg und der Funkspot-Kampagne „Paragraf 219a – a wie abschaffen“ einen Beitrag dazu leisten, dass der §219a StGB abgeschafft wird, ÄrztInnen und Ärzte nicht mehr für die Bereitstellung von sachlichen Informationen verklagt werden und Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch für Betroffene ohne Einschränkungen zugänglich sind.

Funkspots - jetzt reinhören:


Malte, Kfz-Mechaniker


Andreas, Taxifahrer


Helmut, Lehrer


Christian, Tätowierer

 

Der §219a StGB besagt, dass Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft eine Straftat ist. Bei Zuwiderhandlung kann man mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe belangt werden. Nach einer Ergänzung des Gesetzes 2019 ist es ÄrztInnen jetzt lediglich erlaubt auf ihrer Website darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Jegliche weiteren sachlichen Informationen von ihnen, also von Leuten, die tatsächlich vom Fach sind, sind verboten. Das Absurde: Alle Personen, die keine Abbrüche machen, die also nicht vom Fach sind, dürfen das.

Wie schwerwiegend die Folgen dieses Gesetzes sind, sieht man am Beispiel von Kristina Hänel. Die 64-Jährige ist Ärztin für Allgemeinmedizin und wurde nun am 15. Januar vom Oberlandesgericht Frankfurt rechtskräftig verurteilt, weil sie auf ihrer Website darüber informiert, dass, aber vor allem auch wie, sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Das wird nach §219a als unerlaubte Werbung interpretiert und ist somit strafbar. Kristina Hänel gibt aber nicht auf und macht es ihrer Vorgängerin, der Berliner Ärztin Bettina Gaber, die als Erste nach Paragraph 219a verurteilt wurde, nach und reicht eine Verfassungsbeschwerde dagegen ein.

Der Paragraf 219a verletzt nicht nur die Berufs-und Meinungsfreiheit, sondern schränkt auch das Grundrecht der betroffenen Frauen auf Informationsfreiheit ein. Deswegen schreibt Hänel am 19.01. auf Twitter: „Nun bin ich leider gezwungen, meine Informationen von der Webseite zu nehmen, sonst wäre ich am Ende finanziell ruiniert. Aber, wichtig: Alle Personen, die KEINE ABBRÜCHE MACHEN, dürfen über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Bitte tut das jetzt!“

Genau diesem Wunsch versuchen wir mit unserer Kampagne „Paragraf 219a – a wie abschaffen“ nachzukommen! Klären auch Sie über Schwangerschaftsabbrüche auf und unterstützen Sie damit ÄrztInnen wie Kristina Hänel und Bettina Gaber und helfen mit den in sich widersprüchlichen und frauenfeindlichen Paragrafen ein für alle Mal zu verabschieden!

219a - Information ist keine Werbung. Foto: © TERRE DES FEMMESAber nicht nur In Deutschland werden Frauen freie Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch verwehrt und ein Schwangerschaftsabbruch ist grundsätzlich strafbar. In Polen wurde diesen Monat von der Regierung ein Verfassungsgerichtsurteil umgesetzt, das Schwangerschaftsabbrüche fast vollständig verbietet. Schon bisher durften Frauen Schwangerschaften nur abbrechen, wenn diese Folge von Inzest oder Vergewaltigung waren, ihr Leben in Gefahr war oder der Fötus schwere Fehlbildungen aufwies. Jetzt soll ein Abbruch auch in letzterem Fall illegal werden. Tausende Menschen sind in Polen auf die Straße gegangen, um dagegen zu demonstrieren. Mit Schildern mit Aufschriften wie „Das bedeutet Krieg“, „Ich denke, ich fühle, ich entscheide“ und „Hölle der Frauen“ machten sie ihrem Ärger Luft. Bischöfe hatten zuvor bereits ein totales Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gefordert und das Urteil gelobt.

Auch das EU-Parlament verurteilte das Urteil „auf das Schärfste“. Es bedeute einen Rückschlag für Frauenrechte in Polen und setze „die Gesundheit und das Leben von Frauen aufs Spiel“, hieß es in einer Entschließung. Weiterhin führe das Urteil zu einer größeren Zahl an illegal und unter gefährlichen Bedingungen heimlich durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen. Bereits jetzt brechen etwa 200.000 Polinnen ihre Schwangerschaft ab oder gehen dafür ins Ausland. Diese Zahl wird nach dem Erlassen des neuen Gesetzes höchstwahrscheinlich noch steigen.

TERRE DES FEMMES stellt sich diesen Entwicklungen entschieden entgegen und setzt sich für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ein! Wir sagen: Die Freiheit der Frau bedeutet auch die Freiheit ihrer Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch.

Quellen

Stand 01/2021