• 12.02.2024

Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen aus Mali: Projektupdate für das zweite Halbjahr 2023  

Teilnehmerinnen an den Berufsbildungskursen in Henna-Tattoo-Kunst und Seifenherstellung © TDF

Anfang Dezember 2023 wurden die letzten deutschen Truppen aus Mali abgezogen, damit endete der zuletzt gefährlichste Einsatz der Bundeswehr. Trotz der 10-jährigen Laufzeit der UN-Friedensmission MINUSMA blieb dauerhafter Frieden aus, die humanitäre Lage im Land ist prekär. In der gesamten Sahelzone breiten sich seit 2012 islamistische Terrorgruppen aus, was besonders die Rechte und den Schutz von Frauen und Kindern massiv gefährdet. TERRE DES FEMMES und ihre malische Partnerorganisation APDF (Association pour le Progrès et la Défense des Droits des Femmes) kämpfen deswegen gemeinsam gegen geschlechtsspezifische Gewalt. 
Aktuell berichtet APDF tatsächlich von einer leichten Verbesserung der Sicherheitslage, was sie auf eine verstärkte Präsenz der malischen Armee und die Rückeroberung einiger von Terroristen kontrollierter Gebiete zurückführen. TDF unterstützt zwei von APDF betriebene Gewaltschutzzentren, eins in der Hauptstadt Bamako und eins in Gao, im Norden des Landes. Insbesondere die Region um die Stadt Gao ist laut APDF nun durch die malische Armee besser gesichert, weshalb es zu einer massiven Rückkehr von Binnenvertriebenen kommt, die zuvor gezwungen war, in den Süden Malis zu fliehen. Dies hat die Nachfrage nach APDFs Hilfsangeboten in Gao noch erheblich erhöht. Insgesamt wurden zwischen Juli und Dezember 2023 45 Frauen und Mädchen in den von TDF betriebenen Gewaltschutzzentren aufgenommen, davon 20 in Gao und 25 in Bamako. Hier erhalten Betroffene von sexualisierten Übergriffen, häuslicher Gewalt und anderen Gewaltformen notwendige Unterstützung. Die Schutzzentren bieten nicht nur Sicherheit, sondern informieren und beraten auch über geschlechtsspezifische Gewalt und Handlungsoptionen.   

Psychologische, rechtliche und medizinische Hilfe von APDF  
Psychologische, rechtliche und medizinische Unterstützung sind zentrale Bestandteile der Hilfe durch die APDF. Alle 45 Frauen nahmen psychologische Hilfe in Anspruch, wobei besonders schwere Traumafälle an spezialisierte Einrichtungen in Bamako überwiesen wurden. Die intensive Beratung durch das APDF-Team ermöglicht es den hilfesuchenden Frauen und Mädchen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und zu beginnen, die erlittenen Traumata zu verarbeiten. Insgesamt 25 Frauen haben von der rechtlichen Beratung profitiert. Hier erhielten sie Ratschläge und Orientierung, etwa im Fall von Femiziden, ehelichen Konflikten oder wirtschaftlicher Gewalt wie dem Vorenthalt ihres Erbes. Die medizinische Versorgung von den zwei ÄrztInnen der APDF half weiteren 15 Frauen im Zentrum. Die ÄrztInnen kümmerten sich besonders um die Erstversorgung, während kompliziertere Fälle an Fachleute in Krankenhäusern oder das One-Stop-Krisenzentrum weitergeleitet wurden.  

Berufsbildung in den Zentren  
Besonders hilfreich ist auch die berufliche Fortbildung der Frauen in den Zentren, weil sie ihnen finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht. Zwischen Juli und Dezember 2023 absolvierten 40 Frauen und Mädchen eine Schneiderinnenausbildung, während weitere 20 Frauen sich im Bereich Tätowieren qualifizierten. Beeindruckend ist, dass 20 der Frauen, die bereits im ersten Halbjahr 2023 zur Schneiderin ausgebildet wurden, derzeit schon selbstständig arbeiten und sich durch ihre damit gewonnene finanzielle Unabhängigkeit aktiver an sie betreffenden Entscheidungsprozessen sowie an der Lösung familiärer Probleme beteiligen können.   

Informations- und Sensibilisierungsarbeit  
Die APDF bietet nicht nur direkte Hilfe für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen an, sondern setzt auch auf Sensibilisierung und Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt. Im zweiten Halbjahr 2023 produzierte sie sechs Radiosendungen, in denen Aufklärungsarbeit geleistet und auch die Hilfsangebote von APDF vorgestellt wurden. Weiterhin wurden in Kooperation mit lokalen Führungspersonen vier Diskussionsveranstaltungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt sowie Kinderheirat organisiert. 145 Menschen nahmen teil, darunter 105 Frauen und 40 Männer. Die positiven Auswirkungen dieser Aufklärungsarbeit zeigten sich unter anderem durch den Rückgang von Frühverheiratung in Gao.  

Herausforderungen   
Trotz dieser Erfolge stehen die Projekte vor Herausforderungen. Die anhaltende Unsicherheit in der Region beeinträchtigt die Mobilität der Frauen. Manche zögern, die Hilfsangebote der APDF wahrzunehmen, weil sie Angst vor negativen Reaktionen aus der Familie oder Gesellschaft haben. Die APDF versucht, Sicherheitsrisiken zu minimieren, indem sie eng mit den malischen Sicherheitskräften zusammenarbeitet. Außerdem bemüht sich die Organisation, religiöse und traditionelle Führungspersonen zu sensibilisieren, damit sie als Verbündete Verständnis und Akzeptanz für die von APDF behandelten Themen schaffen.   

 Zukunftsaussichten  
APDF benötigt dringend mehr Personal für die psychologische Betreuung gewaltbetroffener Frauen und Mädchen. Es besteht außerdem der Wunsch, die Aufklärungsaktionen auf andere Regionen auszuweiten und interkommunale Treffen zu organisieren, um eine Advocacy-Kampagne zur Sensibilisierung der regionalen Behörden zu entwickeln. 

In den letzten sechs Monaten wurde erneut entscheidende Unterstützung für viele hilfesuchende Mädchen und Frauen geleistet, doch es bleibt noch viel zu tun. Trotz der schwierigen politischen und humanitären Lage in Mali bieten die Gewaltschutzzentren von APDF eine sichere Anlaufstelle. Unterstützen Sie den Weg der Frauen und Mädchen in ein gewaltfreies Leben mit Ihrer Spende! Herzlichen Dank für Ihre Hilfe!  

  

  • Teilnehmerinnen an den Berufsbildungskursen in Henna-Tattoo-Kunst und Seifenherstellung © TDF
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