• 04.03.2024

Aktiv gegen Rechts – Interview mit der Städtegruppe München und mit der Städtegruppe Konstanz

Mitfrau Susanne Trunk bei einer Demo gegen Rechts mit Schild: Lieber Mango-Chutney als braune Soße
Susanne Trunk von der Städtegruppe Konstanz demonstriert gegen Rechts

Ganz klar, in den Städtegruppen regt sich viel Widerstand gegen rechte Tendenzen in unserer Gesellschaft. Für unsere Aktiven ist eine wichtige Aufgabe, Frauenrechte und Demokratie hochzuhalten und zu verteidigt. Wir interviewten Juliane von Krause, Koordinatorin der Städtegruppe München, und Susanne Trunk, Mitfrau in der Städtegruppe Konstanz.

Welche Gefahren seht ihr als Städtegruppe von Seiten der AfD und anderer rechter Gruppierungen?

Susanne Trunk: „Dass die AfD eine extrem migrationsfeindliche Haltung hat, dürfte spätestens seit der Berichterstattung von correctiv.org* jeder Person bekannt sein. Es ist zu beobachten, dass die AfD sich zunehmend radikalisiert und als Drehbuch die Pläne der Nationalsozialisten von vor 90 Jahren aus der Tasche zieht. Die Bauernproteste, der Vorreiter Thüringen mit Höcke, das Verharmlosen und die Kommunikationsstrategie, das alles gab es bereits schon einmal.

Schritt für Schritt, mit kleinen Ehrenämtern als Schöffe oder Elternbeirat, einigen Sitzen in den Parlamenten etc., drängen rechte Ideologien in Bereiche, die immer mehr Entscheidungsmacht bekommen. 2024 wird allein in 8 Bundesländern der Gemeinderat neu gewählt. Genau hier beginnt die Gefahr real zu werden.

Was bedeutet das für uns Frauen? Die öffentlich zugänglichen Wahlprogramme, z.B. das der kommenden Europawahl, lassen keine Zweifel daran, dass wir Frauen in die traditionelle Geschlechterrolle zurückgedrängt werden sollen. Zurück an den Herd, Kinder gebären, es wird von der „traditionellen Frau“ gesprochen.

Die Rechte, die wir Frauen uns lang und bitter erkämpft haben, sind ganz konkret in Gefahr. Ganz zu schweigen von den existenziellen Ängsten, die unsere Mitbürgerinnen mit Migrationsgeschichte plagen. Wir alle kennen Frauen mit Migrationshintergrund oder kommen selbst aus einer anderen Kultur. Diese Frauen brauchen jetzt unsere volle Solidarität, denn wir alle sind Teil der Gesellschaft.“

Juliane von Krause: „Wenn rechte Parteien wie die AfD Macht erhalten, so sind Fraueneinrichtungen und Frauenprojekte vermutlich an erster Stelle, wenn es um finanzielle Kürzungen geht. Das hat sich z.B. 2018 in Österreich gezeigt, wo Frauenprojekte wie die „Frauensolidarität“ plötzlich die Förderung durch das Frauenministerium gekürzt wurde. Besonders betroffen sind dann natürlich Projekte von Migrantinnen. Da wäre meine Arbeitsstelle- die sich für die Rechte von Migrantinnen stark macht – ebenso bedroht wie TERRE DES FEMMES. Außerdem werden konservative und reaktionäre Narrative salonfähig, Feministinnen werden zum Feindbild gemacht. Tatsächlich nahmen rassistische und antisemitische Beleidigungen und rechte Angriffe in Deutschland im letzten Jahr stark zu, und eine feindliche Einstellung gegenüber Menschen mit Flucht oder Migrationshintergrund findet immer mehr Akzeptanz. Politische Maßnahmen der aktuellen Bundesregierung- wie die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete- verschärfen diese Stimmung noch. Das macht mir Sorge. Zwei meiner besten Freundinnen sind als Geflüchtete nach Deutschland gekommen und haben hier Schutz erhalten.“

Wie positioniert ihr euch als Städtegruppe gegen Rechts? Was macht ihr konkret?

Juliane von Krause: „Derzeitig beteiligen wir uns an den Protesten, die hier in München stattfinden, und waren bei der Demo „Lichtermeer“ auf der Theresienwiese Unterstützer und auch Teilnehmende. Unter dem Motto „Lichtermeer für Demokratie“ fand am Sonntag (11.2.24) auf der Theresienwiese in München eine bundesweit beachtete Groß-Demonstration statt. Bei der Kundgebung wurde „ein Meer aus Licht gegen das Dunkel von Hass und Hetze, Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus" gesetzt.“

Susanne Trunk: „Unser Ziel ist es, aktiv in unserer Stadt mitzugestalten. Immerhin vertreten wir die Hälfte der EinwohnerInnen und das dürfen wir so auch sagen. Konkret heißt dies: Augen auf bei Aufrufen zum Eintragen in Listen oder Email-Verteiler oder zur Teilnahme an Organisationstreffen. Sofort reagieren und dabei sein. Denn diese Aufrufe kommen einmalig und dann geht die Arbeit intern los. Die Öffentlichkeit bekommt dann das Ergebnis: die Demonstration, Veranstaltung oder das Bündnis. Wichtig ist hierbei, die OrganisatorInnen zu kontaktieren und mitzuteilen, dass man Teil der Sache sein will. Redezeit bei den Demos erbitten. Mutig nach vorne gehen und für unsere Rechte einstehen. Hilfreich ist es natürlich, wenn man netzwerkt und die Aktiven im Raum kennt.“

Habt ihr bei euch vor Ort bedenkliche Entwicklungen beobachten können? Wie z.B. dass rechtes Gedankengut und die Sprache akzeptierter ist, etc.?

Juliane von Krause: „Bislang konnte ich in meinem Umfeld keine derartigen Tendenzen feststellen, aber München ist auch eine Stadt, die von SPD und Grünen regiert wird, und die AFD hat hier noch einen geringen Zuspruch von 6-7%. Auch von Seiten des bayerischen Sozialministeriums und einer CSU-Ministerin werden Fraueninitiativen- und Einrichtungen gegen Gewalt an Frauen gut unterstützt.“

Susanne Trunk: „Am Schluss einer Veranstaltung für Frauen, an der ich teilnahm, stand eine ältere Dame auf mit den Worten „Jetzt schmeißen Sie nicht gleich mit ihren Stühlen nach mir, aber ich bin von der AfD, mein Rhetoriktrainer hat gesagt, die AfD müsse geschmeidiger werden, es müssen mehr Frauen in die AfD“. Ich war geschockt, dass auf dieser untersten Ebene der Kommunalpolitik bereits von Rhetoriktraining gesprochen wurde und dass diese Frau überhaupt bei der Veranstaltung war. Das sehe ich mit Sorge und solch eine Plattform sollte zumindest auf den von uns angebotenen Veranstaltungen nicht entstehen. Deshalb werde ich bei Beginn von eigenen Veranstaltungen AfD-Mitglieder und deren SympathisantInnen des Raumes verweisen und somit von meinem Hausrecht Gebrauch machen. Klingt radikal? Nein, es ist angemessen, denn, wie oben beschrieben, ist das genau die Strategie, die von der AfD genutzt wird, um überall in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Lassen wir sie draußen.“

Habt ihr Tipps, wie sich andere Frauen als Einzelpersonen aber auch in der Gruppe gegen rechte Tendenzen in unserer Gesellschaft behaupten können?

Susanne Trunk: „Als politisch aktive Mitfrau kann ich meine Gruppe informieren, wenn etwas geplant ist und unsere Städtegruppe entsprechend einbringen. Für mich ist es offensichtlich, dass sie Hilfe von uns Frauen gebrauchen könnten. Möglich wäre das Knüpfen von Kontakten zu Gemeinderätinnen, die in Frauenfragen positiv auffallen. Auch Runde Tische und andere Vernetzungsgruppen in der Kommune können helfen, um an interessante Informationen zu gelangen, die helfen, aktiv zu werden. Unsere Mitfrauen sind ja bereits in vieler Hinsicht aktiv.

Einen Schritt weitergedacht ist auch noch viel Platz für Frauen in der Kommunalpolitik. Und alle demokratischen Parteien freuen sich über neue Mitglieder und können von unseren feministischen Ansichten profitieren.

Hilfreich ist auch, sich mit Social Media anzufreunden. Richtig genutzt, ist es eine gute Informationsquelle, um herauszufinden, was in der Umgebung passiert. Ich empfehle Instagram für die Städtegruppe. Es ist – richtig bespielt - eine gute Plattform, um sich als Gruppe kostenlos sichtbar zu machen.“

Juliane von Krause: "Es ist immer besser, sich mit anderen zusammen zu tun, und z.B. gemeinsam auf die Straße zu gehen. Aber ich halte auch das Gespräch für wichtig. Leider habe ich z.B. an Infoständen festgestellt, dass es schwer ist, mit Argumenten gegen rechte Denkmuster vorzugehen, da sie bequeme Feindbilder bedienen, z.B. dass ganz überwiegend Migranten Gewalt gegen Frauen ausüben würden, und Biodeutsche nicht. Diese Meinung ist auch in den sozialen Medien häufig zu finden.“

Wir danken Susanne Trunk und Juliane von Krause herzlich für die Interviews und wünschen den Städtegruppen viel Mut und Unterstützung durch ihr Umfeld im Kampf gegen rechte Tendenzen und für die Rechte von Frauen!

 

 

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