Umgang um jeden Preis?

Charis Jahn lebt mit ihrer Familie in Irland. Sie ist Mutter von drei Kindern. 2018 wurde sie vergewaltigt und entschied sich das Kind zu bekommen. Unterstützt wird sie dabei bis heute von ihrem Ehemann. Auch wenn diese Entscheidung viel Freude in ihr Leben gebracht hat, kämpft Charis nur schon seit Jahren für die Rechte und den Schutz ihrer Tochter. Die Behörden wollen, dass sie bereits jetzt Umgang mit dem biologischen Vater ihrer Tochter, der auch ihr Vergewaltiger ist, ermöglichen soll. Das Ehepaar wünscht sich, dass ihre Tochter das selbst entscheiden soll, sobald sie alt genug dazu ist, um diese komplizierte Situation auch verstehen zu können. Wir haben mit Charis über das umgangsrechtliche Verfahren gesprochen. Das Interview führte TDF, Referentin für Häusliche und Sexualisierte Gewalt

TDF: Frau Jahn würden Sie kurz erzählen, was Ihnen passiert ist und wie alles angefangen hat?

CHARIS JAHN: 2018 hatte ich eine schwierigere Zeit. Ich hatte viel mit mir selbst zu kämpfen. Zu dieser Zeit wurde ich von einem Bekannten vergewaltigt und bin schwanger geworden.

TDF: Sie haben sich dann dazu entschlossen Ihre Tochter zu behalten und sie lebt jetzt mit Ihnen, Ihrem Mann und Ihren anderen Kindern zusammen?

CHARIS JAHN: Ja. Für mich war von Anfang an klar, dass meine Tochter nichts dafür kann und dass diese Tat sie nicht ausmacht. Ich hatte natürlich auch den Vorteil, dass ich meinen Mann habe, der ganz fest an meiner Seite steht und für den auch uneingeschränkt klar war, dass sie seine Tochter ist, unabhängig von ihren Genen.

TDF: Und dann kam der Täter nach der Geburt wieder in Ihr Leben?

CHARIS JAHN: Noch während der Schwangerschaft. Seitdem ist er in unserem Leben, auch wenn ich das gar nicht will. Er erhofft sich dadurch bestimmte Möglichkeiten, weil er in Deutschland kein Bleiberecht hat. Ich möchte hier keine Klischees bedienen und tue mich schwer das zu sagen, weil die meisten Menschen im Fluchtkontext, die ich kennengelernt habe, diese Klischees nicht erfüllen. Er aber leider schon. Ich habe dann auch eine Strafanzeige gestellt, woraufhin er mir massiv gedroht hat. Er hat mich nicht nur körperlich vergewaltigt, sondern auch seelisch. 

TDF: Wie hat er von der Schwangerschaft erfahren?

CHARIS JAHN: Von mir selbst.

TDF:  Sie haben ihn angezeigt und ihm erzählt, dass Sie schwanger sind?

CHARIS JAHN: Genau. Ich habe nach der Tat mit Unterstützung meines Mannes eine Strafanzeige gestellt. Dabei ging es uns gar nicht um eine Bestrafung des Täters, sondern in erster Linie um den Schutz, unsere Kinder. Der Täter hat mir und meinen Kindern aufgelauert, meinem Mann gedroht und uns massiv unter Druck gesetzt. Selbst meinem Anwalt hat er bedroht. Mir ging es in erster Linie darum uns, aber auch andere Frauen vor ihm zu schützen.

TDF: Wie hat die Polizei reagiert? Was passierte nach der Anzeige?

CHARIS JAHN: Die Kriminalpolizei war wirklich hervorragend. Als ich auf der Polizeistelle war, um die Strafanzeige zu machen, war keine Frau anwesend, die mich hätte befragen können. Man hat mir angeboten, dass eine Polizistin angefragt werden könne, aber die Polizisten waren so sensibel, dass ich mich problemlos auf ein Gespräch mit den Mitarbeitern einlassen konnte.  Mir wurde alles direkt geglaubt und es wurde sehr empathisch reagiert.

TDF: Kam es denn zu einer Verurteilung des Täters?

CHARIS JAHN: Leider nein. Der Fall ging nur bis zur Staatsanwaltschaft und wurde dann eingestellt. Das passierte aufgrund von Zeugenaussagen von Bekannten des Täters, die ich gar nicht kenne. Mir wurde vorgeworfen ich hätte eine Beziehung mit ihm geführt und daher wurde der Vorfall nicht als Straftat eingeordnet. Dabei rechtfertigt eine Beziehung noch lange keinen Übergriff.

TDF: Wann begann das familiengerichtliche Verfahren, also das Umgangsverfahren?

CHARIS JAHN: Das kam erst später. Da ich bei der Geburt meiner Tochter verheiratet war und noch bin, ist mein Mann der rechtliche Vater. Der biologische Vater hat dann diese Vaterschaft angefochten. Das war 2019, als meine Tochter ein knappes halbes Jahr alt war. Allerdings ohne Erfolg. Damals hat der biologische Vater uns bedroht, hat gesagt, dass er es nicht zulässt, dass ein fremder Mann sein Kind großzieht usw. Bis heute haben wir mehrfach Strafanzeigen wegen Kindeswohlgefährdung erhalten und müssen um das Umgangsrecht unserer Tochter kämpfen. Jetzt geht es also nicht um die Vaterschaft, sondern um das Umgangsrecht. Das geht getrennt von der Vaterschaft. Für mich ist aber klar, dass von dem biologischen Vater meiner Tochter eine Gefahr ausgeht. Ich möchte ihm wirklich nicht seine Rechte verwehren, das steht mir gar nicht zu. Aber ich muss mich um das seelische und leibliche Wohl meines Kindes sorgen und es geht hier um jemanden, der mir Gewalt angetan hat und der jetzt Umgang mit meiner Tochter will.

TDF: Und wie geht man im Kontext der Gewalttätigkeit des biologischen Vaters vor Gericht mit Ihnen um?

CHARIS JAHN: Man behandelt mich wie eine Schwerverbrecherin. Obwohl ich nichts getan habe. Man wirft mir Bindungsintoleranz vor- also, dass ich nicht in der Lage wäre, den Kontakt zwischen meinem Kind und dem biologischen Vater zuzulassen.

Mir und meinem Mann wird außerdem von gerichtlicher Seite vorgeworfen, dass wir nicht ehelich zusammenleben. Unsere Beziehung wird in Frage gestellt. Wir sind immer in der Beweispflicht, dabei wollen wir nur unser Kind schützen. Von der gegnerischen Seite kommen immer nur Belastungen, während wir uns ständig verteidigen müssen. Wir kennen noch nicht mal den Aufenthaltsstatus dieses Mannes. Wir wissen nichts über seine tatsächliche Identität, mögliche Vorstrafen usw. da ich mit ihm bekannt war, weiß ich, dass er mehrfach im Gefängnis saß. Die letzte Gerichtsverhandlung war im September 2023. Letzte Woche habe ich einen Brief bekommen. Dort war eine Liste von Dingen aufgeführt, zu denen ich mich verpflichten soll. Während ihm flexible Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie er Dinge handhaben kann. Das Gericht verlangt zum Beispiel von mir, dass ich bis zur Volljährigkeit meiner Tochter dem Jugendamt in Deutschland melde, wo wir uns aufhalten. Das ist eine Einschränkung meiner Privatsphäre, die nicht in Ordnung ist. Ich würde es verstehen, hätte ich mich irgendwann schon mal entzogen und nicht gemeldet. Aber das war nie der Fall. Wir standen immer für alle Fragen zur Verfügung, waren immer erreichbar. Weil ich der Meinung bin, dass ich mich nicht verstecken muss. Ich möchte, dass meine Tochter ihre Rechte wahrnehmen kann. Ich würde ihr gerne einen leiblichen Vater bieten, darauf hat sie ein Recht. Aber das kann ich in dieser Situation nicht.  

TDF: Worum geht es ihm denn? Was sind die Gründe für das umgangsrechtliche Verfahren?

CHARIS JAHN: Für mich ist offensichtlich, dass es ihm nicht um meine Tochter geht. Er weiß sowohl wo meine Schwiegereltern, als auch meine eigenen Eltern in Deutschland leben. Trotzdem schickt er nie Geschenke oder Briefe zum Geburtstag. Er informiert sich auch nicht über das Kind. Da meine Tochter minderjährig ist, bekommt sie einen gerichtlichen Beistand zugeteilt, der für sie spricht. Auch das wäre eine Möglichkeit der Kommunikation, die er nicht nutzt. Wir haben sogar eine E-Mail-Adresse eingerichtet, die er nutzen kann, um seiner Tochter zu schreiben. Aber dort landen nur bitterböse Nachrichten an mich und meinen Mann. So gerne würde ich meiner Tochter sagen: Dieser Mann hat mir schreckliche Dinge angetan, aber er liebt dich und er ist für dich da. Aber das kann ich nicht.

TDF: Wie empfinden Sie den Umgang des Jugendamts mit diesem Fall?

CHARIS JAHN: Die Berichte vom Jugendamt und dem gerichtlichen Beistand entsprechen nicht den Tatsachen. Mir wurde zum Beispiel vorgeworfen, dass ich seit 2021 keinen Kontakt mit dem Jugendamt aufgenommen habe. Ich kann aber belegen, dass ich monatlich im Kontakt stand und habe alle E-Mails nachgereicht. Das Verhalten des biologischen Vaters meiner Tochter wird dagegen ganz anders bewertet. Selbst wenn man ihn daran erinnern muss sich zu melden, wird das positiv eingestuft. Er gibt sich Mühe.

Gleichzeitig kommen vom gegnerischen Anwalt ständig Angriffe auf meine Integrität und meine psychische Gesundheit wird in Frage gestellt. Es wird suggeriert, dass es mir eigentlich viel schlechter gehen sollte, nach dem, was mir „angeblich“ passiert ist. Würde es mir aber schlecht gehen und würde ich das offen zeigen, würde man meine Erziehungsfähigkeit in Zweifel ziehen. Egal was ich tue, es ist falsch. Es darf einem nicht gut gehen, sonst war es ja nicht so schlimm. Aber es darf einem auch nicht zu schlecht gehen, sonst ist man psychisch labil. Und dann werden einem die Kinder weggenommen.

TDF: Das heißt, die Vaterschaft ihres Mannes wurde erfolglos angefochten und dann kam das Umgangsrecht ins Spiel?

CHARIS JAHN: Es geht darum, dass unsere Tochter das Recht hat, ihren leiblichen Vater kennenzulernen. Der Meinung bin ich natürlich auch, auch wenn ich nicht gerade jubeln werde, wenn sie daran Interesse hat. Aber es ist ihr Recht, egal was mir passiert ist. Ich möchte nur, dass sie das selbst entscheiden kann. Und dazu muss sie in einem bestimmten Alter sein und für ihre Rechte einstehen können. Sie ist erst vier Jahre alt, sie versteht das alles noch gar nicht. Von Seiten des Gerichts heißt es, ich müsse mein Kind darüber aufklären. Wie ich das genau machen soll, ohne ihr damit wehzutun und sie zu verstören, dazu äußert man sich nicht. Selbst in den Berichten vom Jugendamt und dem gerichtlichen Beistand verweist man darauf, dass es besser ist, noch drei Jahre zu warten, bis sie damit konfrontiert wird, auch damit ihr Familienbild nicht zerstört wird.  

TDF: Die Vorstellung, dass so ein junges Kind eine Beziehung zu einem Mann aufbaut ohne verstehen zu können, was dieser Mann der Mutter angetan hat, ist verstörend. Das erschüttert jegliches Vertrauen in die Menschen im eigenen Umfeld.   

CHARIS JAHN: Genau. Außerdem ist für sie mein Mann uneingeschränkt ihr Vater. Sie schläft sogar noch in seinem Arm. Zu einer Vaterschaft gehört so viel mehr als nur ein Kind zu zeugen. Der biologische Vater ist nie freigesprochen worden. Die Tat steht im Raum. Sie ist nicht belegt, sie ist aber auch nicht widerlegt. Zumindest gibt es einen ärztlichen Bericht, der die Vergewaltigung belegt. Ich war neun Wochen nach der Tat beim Frauenarzt. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich mir nicht eingestehen, was mir passiert war. Aber die Frauenärztin konnte so lange nach der Tat noch eindeutige Verletzungen festgestellt. Ich wollte mich damals nicht damit auseinandersetzen, daher hat sie nur eine Beurteilung geschrieben und keine Aussage gemacht.

Die Strafzeige darf jedenfalls nicht in das familienrechtliche Verfahren eingebracht werden, weil das unter einem anderen Aktenzeichen läuft und nicht im Zusammenhang steht. So wurde es uns erklärt. Soll ich also den Schutz meiner Tochter einfach außen vorlassen? Das kann und das werde ich nicht.

Dann wurde mir im Kontext der Strafanzeige gesagt es gelte das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“. Im Umgangsrecht bin aber ich die Angeklagte. Wo sind da die Zweifel? Auf einmal gilt das Prinzip nicht mehr.

Und es ist wirklich nicht so, als würde ich mich querstellen. Dann würde ich mich weder beim Jugendamt melden noch beim gerichtlichen Beistand. Aber ich melde mich regelmäßig. Übrigens ist die Beurteilung meiner Tochter immer ausgezeichnet. Man spricht von einer fabelhaften und sogar sehr fortschrittlichen Entwicklung meiner Tochter und gleichzeitig wirft man mir vor, ich habe das Kindeswohl nicht im Blick. Interessant ist auch, dass wir seit drei Jahren nicht mehr in Deutschland leben. Wie ein Umgangsrecht des biologischen Vaters in dem Kontext genau aussehen soll, ist uns unklar.

TDF: Erkennt man in dem Umgangsverfahren an, dass eine Gefährdung für Sie und Ihre Tochter besteht?

CHARIS JAHN:  Die Haltung des Gerichts dazu ist zwiegespalten. Auf der einen Seite nimmt man mich nicht ernst und suggeriert, dass gar nichts passiert ist. Auf der anderen Seite erhalten wir die Briefe des gegnerischen Anwalts durch das Gericht, damit unsere Adresse geheim bleibt. Das wird zu meinem Schutz so gemacht. Aber was ist dann mit dem Schutz meiner Tochter?

TDF: Gab es bis jetzt bereits Kontakt zwischen ihrer Tochter und ihrem biologischen Vater?

CHARIS JAHN: Einmal wurde ein Kontakt über Facetime angeordnet. Wir konnten zu einer Gerichtsverhandlung nicht erscheinen, weil wir auf Weltreise waren. Wir waren gar nicht informiert. Wenn man nicht auftaucht zu einem Gerichtstermin wird meistens zugunsten der anwesenden Person entschieden. Und der biologische Vater wollte einen Anruf über Facetime. Meine Tochter war zu diesem Zeitpunkt erst drei Jahre alt. Wie hätte ich ihr überhaupt erklären sollen, wer das ist? Ich konnte diesen Erstkontakt zum Glück noch verhindern, indem ich mich an den gerichtlichen Beistand gewendet habe.

TDF: Haben Sie überhaupt schon mal mit Ihrer Tochter über die Situation gesprochen?  

CHARIS JAHN: Ja sie weiß das ihr Vater nicht ihr biologischer Vater ist. Für sie ist das aber gar nicht relevant. Deswegen sehe ich keinen Sinn darin sie aufzuklären. Mir ist es sehr wichtig ihr gegenüber ehrlich zu sein. Aber sie jetzt darüber hinaus aufzuklären, halte ich nicht für richtig. Mich wundert, dass das Jugendamt das nicht so sieht. Und ich werde mich weigern, mein Kind einem Menschen auszuliefern, der mir solch eine Gewalt angetan hat. Ich möchte, dass meine Tochter sieht, dass es uns nie darum ging ihm (dem biologischen Vater) irgendetwas zu verwehren. Wohlgemerkt obwohl er vor Gericht unserer Tochter mit Zwangsverheiratung und Beschneidung gedroht hat. Ich wollte nur mal erwähnen, dass das einfach unter den Tisch gekehrt wurde.

TDF: Das heißt, das wird von den Behörden tatsächlich überhaupt nicht berücksichtigt, was Ihre Situation ist, aber natürlich auch die Situation Ihres Kindes.

CHARIS JAHN: Ja und nein. Ich hatte mal ein persönliches Gespräch mit der Richterin und sie bot mir an das Strafverfahren wieder aufzurollen. Aber ich kann das nicht und möchte es auch nicht. Ich will meiner Tochter nicht später mal erklären müssen, dass ich ihren biologischen Vater ins Gefängnis gebracht habe. Außerdem möchte ich die Sache gerne abschließen und zu Ende bringen, damit ich mich wieder sicher fühlen kann. Ich bin schon nicht mehr in Deutschland und trotzdem fühle ich mich von Deutschland verfolgt. Diesem Menschen wird nach wie vor eine solche Macht über mich gegeben, obwohl ich das gar nicht möchte. An sich geht es mir gut und ich habe das Glück, dass meine Ehe stabil ist und das aushält. Aber ich denke viele andere Ehen würden an so etwas scheitern. Allein die Tatsache, dass mein Mann ständig damit konfrontiert wird, dass er nicht der richtige Vater ist. Mein Mann, der mich seit der Schwangerschaft begleitet, der an meiner Seite war, als meine Tochter geboren wurde. Und dann bekommen wir Anzeigen wegen Kindeswohlgefährdung.

TDF: Können Sie überhaupt mal abschalten und durchatmen?

CHARIS JAHN: Nein, das geht nicht, weil der biologische Vater unserer Tochter ständig neue Wege findet, um an uns ranzukommen und uns zu drangsalieren. Wir bekommen ständig Post vom Anwalt der Gegenseite und vom Gericht. Und ein Ende ist nicht in Sicht bei dem aktuellen Stand des Verfahrens. 

TDF: Wie ist denn der aktuelle Stand?

CHARIS JAHN: Vor kurzem hat unser Anwalt sein Mandat niedergelegt - ihm ist das alles zu viel. Das heißt wir stehen derzeit ohne Anwalt da. Für mich heißt das, dass ich jetzt selbst für mich einstehen muss. Das kann ich sowieso am besten. Wir haben jetzt erstmal jeglichen Vorgaben widersprochen. In Deutschland hilft uns meine Schwiegermutter. Wir bekommen Benachrichtigungen über Gerichtsverfahren oft nur eine Woche im Voraus und können so schnell gar nicht anreisen. Wer bezahlt das auch alles?

TDF: Und wie ist jetzt der aktuelle Stand? Wird sie als zu jung eingestuft für Umgang. Aber es steht Umgang an?

CHARIS JAHN: Wissen wir nicht. Es gab keine klare Aussage.

TDF: Das ist jetzt ein laufendes Verfahren und es ist völlig unklar was passiert?  Sie leben mit kompletter Unsicherheit und wissen nicht was auf Sie zukommt?

CHARIS JAHN: Genau. Und eigentlich war es letztes Jahr schon beendet. Dann hat aber das Oberlandesgericht entschieden wieder alles aufzurollen. Die Begründung war, dass die Richterin keine klaren Aussagen gemacht hat. Also fängt alles wieder von vorne an! 

TDF: Das klingt sehr, sehr ermüdend.

CHARIS JAHN: Ja. Ich habe wirklich Angst an den  Briefkasten zu gehen und ständig diese Beurteilungen meiner Person zu lesen. Beurteilungen von Menschen, die mich gar nicht kennen und nie Kontakt mit mir hatten. Vor allem, weil uns immer nur Vorwürfe gemacht werden. Was wir auch nicht verstehen ist: Warum bekommen wir bis heute keinerlei Information oder Auskunft über den biologischen Vater?

TDF: Was sind deine Befürchtungen? Deine Ängste?

CHARIS JAHN: Dass man mir mein Kind wegnimmt und dass ich mein Kind nicht mehr schützen kann. Dabei geht es mir nicht nur um meine Tochter. Wenn einem ein Kind weggenommen wird,  verliert man oft auch die anderen Kinder. Meine Gefühle sind zwiegespalten. Mir wurde Gewalt angetan und das wird mir abgesprochen. Es wird als völlig unwichtig und nichtig abgetan. Das ist sehr schmerzhaft. Andererseits hätte ich meine Tochter nicht, wenn das alles nicht passiert wäre. Ich hatte so Angst vor dieser Geburt. Ich hatte Angst, dass ich sie ansehe und irgendwas sehe was ich nicht in ihr sehen möchte. Ich weiß noch, wie sie auf meinem Bauch lag und ich zu meinem Mann nur sagte: Oh mein Gott, ich kann sie nur lieben. So ist es bis heute, uneingeschränkt. Ich habe Angst, dass man dem biologischen Vater ein Umgangsrecht einräumt. Und ich habe Angst, dass er sie mitnimmt und ihr irgendwas antut.

TDF: Was wären Ihre Forderungen? Was müsste sich ändern?

CW: Das ich als Geschädigte – so nenne ich mich bewusst- nicht hinterfragt werde. Dass das Wohl meines Kindes wirklich an erster Stelle steht und nicht nur einfach eine leere Phrase ist.

TDF: Gibt es noch irgendwas, was Sie hinzufügen möchten?

CHARIS JAHN: Ich möchte allen Betroffenen sagen, dass ich fest daran glaube, dass die Wahrheit am Ende immer siegt. Ich glaube an eine starke Bindung mit meinem Kind und das die durch nichts zerrüttet werden kann. Und ich glaube fest daran, dass auch unsere Gerichte in einem Wandel begriffen sind, dass es mehr Gerechtigkeit geben wird und vor allem Schutz. Schutz für Schutzbefohlene.

TDF: Starke Worte. Wirklich bemerkenswert, dass Sie so optimistisch sind und so stark sind für sich und Ihr Kind.

CHARIS JAHN: Ich will damit meinen Kindern zeigen, dass es nie einen Grund gibt aufzugeben. Solange ich in der Wahrheit lebe. Und ich glaube ganz fest daran, dass die Wahrheit am Ende immer siegt.

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