Äthiopien

© UNICEF Data: Monitoring the Situation of Children and Women. 2019. Country Profile: Äthiopien© UNICEF Data: Monitoring the Situation of Children and Women. 2019. Country Profile: Äthiopien

Vorkommen

Äthiopien ist ein multiethnischer und multireligiöser Staat, in dem über 80 ethnische Gruppen und zahlreiche Religionsgemeinschaften leben. Weibliche Genitalverstümmelung (FGM -Female Genital Mutilation) ist im ganzen Land verbreitet und betrifft mit wenigen Ausnahmen fast alle ethnischen Gruppen. Insgesamt sind 65% aller Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) von Genitalverstümmelung betroffen. Besonders im Osten des Landes wird FGM praktiziert; hier liegt die Rate bei über 80%.

Zahlen

Betroffene: 16% der Mädchen (0-14 Jahre) und 65% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Religionen: muslimisch 82%, römisch-katholisch 58%, andere Religion 10%, andere christliche Religionen 58% und traditionelle Religionen 55%.
BefürworterInnen: 18% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre)
Alter: 52% vor dem 4. Lebensjahr des Mädchens, 23% zwischen dem 5. und 9., 19% zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr und nochmals 2% nach dem 15.Geburtstag

98% der Beschneidungen werden von traditionellen Beschneiderinnen durchgeführt

Formen

In Äthiopien sind 9% der Genitalverstümmelungen eine Infibulation (Typ III). Das heißt, das gesamte äußerlich sichtbare Genital wird herausgeschnitten und die offene Wunde bis auf ein kleines Loch vollständig zugenäht. 90% der praktizierten Formen von FGM sind nach der WHO-Klassifikation nicht einzuordnen.

Begründungsmuster

In Äthiopien sowie in anderen FGM praktizierenden Ländern wird weibliche Genitalverstümmelung aufgrund jahrhundertealter Mythen und des Aberglaubens praktiziert. Es wird davon ausgegangen, dass das Aufrechterhalten des moralischen Verhaltens von Frauen, die Enthaltsamkeit, physische Reinheit und Gesundheit durch FGM bzw. durch die Kontrolle ihrer Sexualität erst ermöglicht wird. Es gelten weitere Gründe, wie die Achtung der Tradition und religiöse Vorschriften sowie nicht zuletzt ästhetische Gesichtspunkte, da die beschnittene Vulva dem dort vorherrschenden Schönheitsideal entspricht.

Gesetzliche Lage

Am 10. September 1981 ratifizierte Äthiopien CEDAW (Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau) und im Jahr 1991 CRC (Kinderschutzkonvention). Seit 2004 steht die Durchführung von FGM unter Strafe. Im Jahr 2005 beschloss das äthiopische Parlament das revidierte Strafgesetzbuch. Daraus geht hervor, dass das Strafmaß für FGM zwischen drei Monaten und drei Jahren Inhaftierung beträgt und/oder ein Bußgeld in Höhe von 500 bis 10000 Birr (ca. 20 bis 40 €) beinhaltet. Die Infibulation (Typ III) wird in Artikel 569 des Strafgesetzbuchs extra behandelt. Er besagt, dass diese Form von FGM mit drei bis fünf Jahren Gefängnisstrafe geahndet wird.

Laut DFAT (09/2017) sind jedoch noch nie Strafen nach diesem Gesetz verhängt worden.

Haltung und Tendenzen

Zwischen 2005 und 2016 sank die allgemeine Prävalenzrate für Mädchen und Frauen im Alter von 15-49 von 74% auf 65%. Durch die große Altersspanne könnte diese allgemeine Prävalenzrate jedoch nicht die realen Entwicklungen der letzten Jahre wiederspiegeln. Die Befürwortung von FGM ist unter Frauen zwischen 15 und 49 Jahren eindeutig zurückgegangen. Im Jahr 2000 unterstützten noch 66% das Weiterbestehen von FGM, 2016 sank die Zahl der Befürworterinnen auf 18%.

Trotz des großen Rückgangs an UnterstützerInnen in den letzten Jahren ist die Zahl der Betroffenen in Äthiopien von 2005 bis 2016 nur wenig gesunken, lediglich von 74% auf 65%. Insgesamt sind jedoch 79% der Mädchen und Frauen (15-49 Jahre) der Meinung, FGM sollte aufhören.

 

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Einzelfälle 

 

Stand 12/2019