Erstes Training für CHANGE Agents in Berlin

Von links nach rechts: Colette Tchoumbou, Charlotte Weil (Projektmanagerin), Fadhumo Musa, Idah Nabateregga (Community Manager), Isatou Barry, Tiranke Diallo, Evariste Franz Kapnang Tchaptchet. Foto: © TERRE DES FEMMESVon links nach rechts: Colette Tchoumbou, Charlotte Weil (Projektmanagerin), Fadhumo Musa, Idah Nabateregga (Community Manager), Isatou Barry, Tiranke Diallo, Evariste Franz Kapnang Tchaptchet. Foto: © TERRE DES FEMMESZwar ist weibliche Genitalverstümmelung (FGM) in Deutschland sowie anderen Ländern der EU gesetzlich verboten – dennoch werden immer wieder in Europa lebende Mädchen in ihre Heimatländer gebracht, um sie dort zu beschneiden. Nach Schätzungen des EU-Parlaments sind rund 500.000 Mädchen und Frauen in der Europäischen Union von FGM betroffen sowie 180.000 weitere Mädchen und Frauen gefährdet.

TERRE DES FEMMES bildet deshalb erstmals sechs MultiplikatorInnen aus. Mit dem Ziel, dass die sogenannten CHANGE Agents nach abgeschlossener Ausbildung in ihren Communities in Deutschland für die Abschaffung von FGM sensibilisieren. Idah Nabateregga, Fachreferentin für FGM bei TERRE DES FEMMES, bereitet die künftigen CHANGE Agents auf ihre Aufgabe vor. Sie klärt über gesundheitliche, religiöse, soziale, rechtliche und kulturelle Dimensionen von weiblicher Genitalverstümmelung auf. „Durch die eigene Zugehörigkeit zur Community haben die MultiplikatorInnen einen besonderen Zugang zu den Menschen und insbesondere auch zu schwer erreichbaren Gruppen“, erklärt Nabateregga.

Insgesamt werden in Deutschland, den Niederlanden, Portugal und Frankreich 48 MultiplikatorInnnen trainiert. Die Ausbildung ist Teil des zweijährigen Projekts CHANGE Plus, das von der EU-Kommission kofinanziert wird.

Am 27. August 2016 fand die erste von acht Trainigseinheiten, durchgeführt von TERRE DES FEMMES in Berlin, zur Ausbildung von MultiplikatorInnen statt.

Um 9:30 Uhr wurden die sieben TeilnehmerInnen in der Brunnenstraße willkommen geheißen. Nach einer kurzen Eröffnungsrede von Idah Nabateregga und Projektkoordinatorin Charlotte Weil stellten sich die TeilnehmerInnen, Fatou Mandiang Diatta, Fadhumo Musa, Evariste Kapnang Tchaptchet, Tiranke Diallo, Colette Tchoumbou, Mai Ali und Isatou Barry, vor. Sie alle haben afrikanische Wurzeln und weiblicher Genitalverstümmelung den Kampf angesagt.

„Es ist unsere Verantwortung, die Welt zu verändern, damit die nächste Generation nicht mehr von Genitalverstümmelung betroffen ist“, erklärt Fatou Diatta. Die auch unter dem Namen “Sister Fa” bekannte Hip Hop- und Soul-Sängerin hat die Praktik weiblicher Genitalverstümmelung in ihrem Heimatland Senegal am eigenen Leib erfahren. Ebenso die aus Somalia stammende Fadhumo Musa. In ihrem Land sind fast alle Frauen beschnitten. „Als Frau, die selber diese grausame Praktik erfahren musste, empfinde ich es als Kindesmissbrauch. Wir müssen unsere Kinder schützen!“, fordert sie.

Diese Meinung teilt auch Evariste Kapnang Tchaptchet. In seinem Heimatland Kamerun ist weibliche Genitalverstümmelung zwar kaum verbreitet, jedoch in dem seiner Frau Tiranke Diallo. Tiranke stammt aus Guinea und dort sind fast alle Frauen beschnitten. „Seit wir eine gemeinsame Tochter haben, engagiere ich mich gegen diese Praktik, denn ich möchte nicht, dass meiner Tochter und allen anderen unschuldigen Mädchen jemals so was angetan wird! Sie sollen eine bessere Zukunft haben!“, sagt Evariste.

Auch Colette Tchoumbou stammt aus Kamerun. Sie lässt sich als CHANGE Agent ausbilden, da sie Kinder vor der schrecklichen Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung schützen sowie ihnen einen Grundstein für eine bessere Zukunft legen möchte.

In Mai Alis Heimatland, dem Nordsudan, liegt die Beschneidungsrate bei über 80 Prozent. In ihrer Community ist sie ein aktives Mitglied im Kampf für Menschen- und Frauenrechte und hat diesbezüglich bereits an mehreren Workshops teilgenommen. Zudem ist sie Mitgründerin der Kampagne gegen FGM „My body belongs to me”.

Isatou Barry ist in Gambia geboren, wo die FGM-Prävalenz bei 75 Prozent liegt. Sie möchte im Rahmen der Ausbildung zum CHANGE Agent so viele Informationen wie möglich zum Thema sammeln, um anschließend besonders überzeugend

argumentieren zu können, wenn sie sich in ihrer Community gegen die Praktik einsetzt. Besonders die Männer sollen in diese Arbeit einbezogen werden.

Nach dem erfolgreichen Start der Trainingsessions und dem ersten gegenseitigen Kennenlernen freut sich TERRE DES FEMMES auf die weitere Zusammenarbeit mit den MultiplikatorInnen. Das nächste Training findet am 17. September 2016 in der Bundesgeschäftsstelle statt.