„Ich habe zwei Töchter und zwei Söhne und bin für die Betreuung meiner Kinder verantwortlich. Ich habe keine andere Unterstützung. Schulbildung habe ich selbst keine erhalten, sondern die Wäsche für andere Haushalte gemacht oder dort geputzt. Einer meiner Söhne ist fast 12 Jahre alt, er wäscht Autos auf der Straße und verdient kaum 30 bis 50 Afghani (Anmerkung der Redaktion: ca. 30 – 50 Cent). Manchmal findet er Arbeit und manchmal nicht“, so berichtet Frau Mustafi*, im Schneidersitz auf dem Boden ihrer Kabuler Wohnung, sichtlich erschöpft.
Wie in vielen anderen Haushalten, denen Frauen als Alleinversorgerinnen vorstehen, oder die anderweitig besonders hart von Armut und der derzeit akuten Wirtschaftskrise betroffen sind, reicht das Geld für Feuerholz und Nahrungsmittel nicht aus. Vor allem während des langen und kalten Winters in Afghanistan und seit der Rückkehr der Taliban, die den meisten Frauen verboten haben, (wieder) zu arbeiten oder sich überhaupt ohne männliche Begleitperson im öffentlichen Raum zu bewegen.
Arbeitsverbot der Taliban für Frauen ist existenzbedrohend
Insbesondere Frauen leben unter den Taliban in einer Situation permanenter Unsicherheit und Gefährdung. Dies gilt in besonderem Ausmaß für verwitwete, alleinstehende, alleinerziehende und arme Frauen. Viele von ihnen haben ihre Einkommensquelle als Tagelöhnerinnen, Dienstleisterinnen in anderen Haushalten oder ihre Monategehälter als Arbeiterinnen verloren. So bleibt z.B. auch der Familie Hamida, der Vater ein alter Mann, der aufgrund seiner Erblindung nicht mehr arbeiten kann, keinerlei Verdienst zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts, denn den fünf weiblichen Familienmitgliedern ist die Lohnarbeit untersagt. Zusätzlich erschwert wird die Situation durch die Pandemie und eine der schlimmsten Dürreperioden seit Jahrzehnten.
TDF unterstützt Bargeldtransfers der afghanischen Hilfsorganisation Shuhada
In der Folge von Krieg, Terror und Vertreibung hat die Anzahl der Haushalte, denen Frauen als Alleinversorgerinnen vorstehen, stark zugenommen. Der Zugang zu staatlichen Leistungen, öffentlicher Versorgung und anderer Unterstützung bleibt Frauen jedoch größtenteils verwehrt. Auch in der humanitären Hilfe können bislang viel zu wenige weibliche Fachkräfte eingesetzt werden, die angesichts der rigiden Geschlechtertrennung immerhin sicherstellen könnten, dass die Hilfe Frauen auch direkt erreicht.
Um finanziell geschwächten und v.a. frauengeführten Haushalten zur Seite zu stehen, hat TDF die afghanische Organisation Shuhada unterstützt, Bargeldtransfers von je 100 US-Dollar an 70 Familien im Raum Kabul auszuzahlen. Die Transfers wurden persönlich überbracht und mit großer Dankbarkeit und Erleichterung entgegengenommen. Alle Frauen äußerten direkt Pläne für den Einsatz der Mittel. So auch Frau Mustafi*: „Ich möchte mit diesem Geld Holz für unseren Ofen kaufen und dann Essen und andere Haushaltsausgaben finanzieren“.
*Namen aus Sicherheitsgründen von der Redaktion geändert
Stand 03/2022