Widerstand: Frauen nähen ukrainische Flaggen, um ihre Heimat im Krieg zu unterstützen © Misto Dobra / City of GoodnessDer 24. Februar 2022 hat Europa, die Welt und vor allem das Leben der über 40 Millionen UkrainerInnen für immer verändert: an diesem Tag begann Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nur wenige Wochen später sind schon über 3,6 Millionen Menschen (Stand: 23.3.22) aus dem Land geflohen, tausende haben ihr Leben verloren, viele Städte sind von den Zerstörungen des Krieges gezeichnet, und die Versorgungslage der dort ausharrenden Menschen wird immer dramatischer. Gewalt und Entbehrungen treffen die ukrainischen Frauen dabei oft noch auf andere Weise als die Männer des Landes.
Frauen in Kriegsgebieten sind stets einem erheblichen Risiko ausgesetzt, sexualisierte Gewalt zu erleiden. Auch in der Ukraine gibt es bereits vermehrt Berichte über Vergewaltigungen durch russische Soldaten in besetzten Städten. Dieses Trauma addiert sich für die betroffenen Frauen zu all dem Leid, das die übrigen Gewaltformen des Kriegs mit sich bringen.
Besonders prekär ist die Situation auch für die werdenden Mütter des Landes: etwa 265.000 Frauen in der Ukraine sind schwanger und 80.000 von ihnen werden im Laufe der nächsten Monate ihre Kinder zur Welt bringen. Die russischen Angriffe haben jedoch eine Vielzahl von Krankenhäusern zerstört, und auch in den noch betriebsfähigen Einrichtungen muss jederzeit mit der Gefahr eines weiteren Bombenangriffs gerechnet werden. Immer wieder müssen Frauen deshalb in Kellern und Bunkern entbinden, die durch das Krankenhauspersonal notdürftig mit Decken und Matratzen ausgestattet werden; selbst Kaiserschnitte mussten schon unter solchen Umständen durchgeführt werden. Schwangere Frauen, die außerhalb der belagerten Städte leben, haben oft gar keinen Zugang zu medizinischen Einrichtungen und müssen ihre Babys zuhause zur Welt bringen – ÄrztInnen geben ihnen telefonisch Schritt-für-Schritt-Anweisungen zur Geburt und zum Durchtrennen der Nabelschnur. In der umkämpften Stadt Mariupol starb eine hochschwangere Frau, die bei der Bombardierung eines Geburtskrankenhauses verwundet wurde, zusammen mit ihrem Baby an den Folgen ihrer Verletzungen.
Im Angesicht all dieser Gewalt und Zerstörung entscheiden sich viele Frauen dafür, in bisher noch nicht vom Krieg erreichte Regionen oder direkt außer Landes zu fliehen. Doch der Weg ist gefährlich: Die Einrichtung sicherer Fluchtkorridore scheitert immer wieder, und das Risiko sexualisierter Übergriffe ist auch für flüchtende Frauen enorm. Hinzu kommt die psychische Belastung, Väter, Ehemänner und Söhne in der Ungewissheit zurücklassen zu müssen, denn das ukrainische Kriegsrecht verbietet Männern im Alter von 18 bis 60 Jahren die Ausreise.
Ist den Frauen und Kindern die Flucht aus der Ukraine gelungen, werden sie in den Aufnahmestaaten mit einer riesigen Welle der Hilfsbereitschaft empfangen. Doch selbst dann drohen ihnen noch Gefahren, denn neben den vielen ehrlichen UnterstützerInnen gibt es auch Menschenhändlerringe und andere Kriminelle, die die Notlage der geflüchteten Frauen ausnutzen wollen. Auch in Deutschland haben Hilfsorganisationen und freiwillige HelferInnen wiederholt zwielichtige Personen an Bahnhöfen gemeldet, die allein reisende ukrainische Frauen ansprechen und Schlafplätze anbieten. Polizei und HelferInnen wurden inzwischen für die Gefahr sensibilisiert, Flyer auf Ukrainisch warnen die Ankommenden und verweisen sie an seriöse AnsprechpartnerInnen. Dennoch darf dieses Risiko, dem ukrainische Frauen und Kinder selbst nach ihrer entbehrungsreichen Flucht noch ausgesetzt sind, keinesfalls unterschätzt werden.
Im Frauenschutzhaus Misto Dobra backen Freiwillige Brot für die SoldatInnen an der Front © Misto Dobra / City of GoodnessTrotz all dem Leid, das die Frauen der Ukraine seit Ausbruch des Krieges erdulden müssen, haben sie eine unglaubliche Resilienz und beeindruckenden Mut bewiesen. Viele von ihnen entscheiden sich dagegen, die Ukraine zu verlassen, oder kehren in ihr Heimatland zurück, nachdem sie ihre Kinder oder Enkelkinder in Sicherheit gebracht haben. Frauen backen Brot für die SoldatInnen an der Front, versorgen Verwundete und Binnenvertriebene, nähen Uniformen, Bandagen und ukrainische Flaggen, und kämpfen oft auch selbst mit der Waffe in der Hand: Circa 15 Prozent der ukrainischen Streitkräfte sind Frauen, und ihre Zahl wächst.
Der Krieg verlangt den ukrainischen Frauen alles ab, ob sie nun in der Heimat bleiben oder in andere Länder fliehen. Unterstützung wird deshalb dringender denn je benötigt. TERRE DES FEMMES sammelt darum Spenden für das ukrainische Frauenhaus Misto Dobra bzw. City of Goodness (dt.: „Stadt der Güte“), in dem gewaltbetroffene Frauen bereits seit Jahren Zuflucht finden und das nun auch zahlreiche geflüchtete Frauen und Kinder aufnimmt und ihnen Schutz bietet. Mit den Spendengeldern wird der unter Hochdruck durchgeführte Bau eines zweiten Gebäudes unterstützt, um weitere hundert schutzbedürftige Frauen und Kinder aufnehmen zu können, und darüber hinaus die Anschaffung lebensnotwendiger Dinge wie Essen, Babynahrung, Wasser, Hygieneartikel, Medikamente, Bettzeug und Kleidung finanziert. Zudem werden über das Netzwerk von Misto Dobra landesweit Frauen- und Kinderstationen in Krankenhäusern unterstützt. Neben der Hilfe vor Ort in der Ukraine setzt sich TERRE DES FEMMES auch für die nach Deutschland geflohenen Frauen und ihre Familien ein.
Spenden auch Sie jetzt für den Schutz und die Versorgung kriegsbetroffener ukrainischer Frauen und Kinder – jeder Beitrag wird dringend gebraucht!