2018 war Fatima Bio als eine der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten Afrikas unter 40 geehrt worden.
Foto: © Office of the First Lady - Republic of Sierra Leone„Ich bin eine beschnittene Frau. Ich habe drei Kinder ohne Komplikationen zur Welt gebracht. AktivistInnen gegen FGM müssen mir erst einmal überzeugende Statistiken vorlegen, die nachweisen, dass die Praktik Frauen und Mädchen in Sierra Leone (..) schadet. Aus meiner Sicht muss die Regierung (..) gegen Vergewaltigung vorgehen, nicht gegen FGM“, so Fatima Bio, Ehefrau von Julius Maada Bio, seit April 2018 Präsident von Sierra Leone, in einem Interview mit dem gambischen Fatu Network.
Scharfe Kritik hagelte es daraufhin vor allem von Frauenrechtsorganisationen wie der TDF-Partnerorganisation AIM. Fatima Bio gilt gerade Frauen in Sierra Leone als Vorbild und Stimme für ihre Rechte, da sie sexueller Gewalt im Land den Kampf angesagt hat. Mit ihrem jetzigen Statement disqualifiziert sie sich in dieser Rolle und löst große Enttäuschung aus. Als besonders verletzend empfanden Betroffene von FGM – in Sierra Leone nach wie vor 90 Prozent der Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren – ihre Äußerung. Anders als Fatima Bio würden die wenigsten Frauen FGM ohne gravierende Schmerzen und lebenslange Folgen für ihre physische und psychische Gesundheit überstehen, so die Zeitung Sierra Express. Zahlreiche ÄrztInnen forderten Fatima Bio auf, ihren Standpunkt zu revidieren, und boten an, bei der Vermittlung von Fachwissen behilflich zu sein.
Amtierender Präsident hatte Hoffnungen im Kampf gegen FGM geweckt
Nach Amtsantritt von Julius Maada Bio waren die Hoffnungen bei vielen Anti-FGM-AktivistInnen hoch, hatte er das Tabu-Thema FGM doch erstmals offen angesprochen und durchblicken lassen, das FGM-Verbot bei unter 18-Jährigen durchsetzen zu wollen. Auch, dass der Präsident nach Veröffentlichung eines BBC-Berichts, der einen Anstieg gemeldeter Vergewaltigungen um fast 4.000 Fälle in nur einem Jahr offen legte, den nationalen Notstand ausrief, Gesetze änderte und eine Spezialeinheit bei der Polizei einrichtete, bestärkte AktivistInnen in der Annahme, dass nun auch entschieden gegen FGM vorgegangen würde. Eine zivilgesellschaftliche Arbeitsgruppe, der auch AIM angehörte, entwickelte daraufhin einen Nationalen Aktionsplan zum Abbau von FGM. Dieser setzt vor allem auf das Konzept „ritual without cutting“. Mädchen sollen weiter wie seit Generationen beim Übergang zum Frausein begleitet und in mögliche zukünftige Rollen als Ehefrau, Mutter und verantwortungsvolles Gemeindemitglied von erfahrenen Frauen eingewiesen werden. FGM soll aber nicht mehr Bestandteil dieses Rituals sein. Besagter Aktionsplan liegt der Sierra Leonischen Regierung vor, bislang ohne Reaktion.
Unterstützung dringender denn je
Die Verharmlosung von FGM von höchster Stelle zeigt, dass Mädchen in Sierra Leone auch in Zukunft großer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind. AIM ist deshalb dringender denn je auf Ihre Unterstützung angewiesen. Spenden Sie für das Schutzhaus von AIM, in dem Mädchen unterkommen, denen ansonsten eine Zwangsverstümmelung drohen würde. Helfen Sie, dass diese Mädchen unversehrt und selbstbestimmt aufwachsen können! Bislang schützt kein Gesetz in Sierra Leone gegen FGM. Mit Fatima Bio an der Spitze scheint auch keines in Aussicht.
Stand: 05/2019