Im Juli 2015 legte das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend den Verbänden einen "Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen" vor. In einer ausführlichen Stellungnahme, die dem Ministerium vorliegt, geht TERRE DES FEMMES auf diesen Entwurf ein.
- TERRE DES FEMMES-Stellungnahme (PDF-Datei)
Da das Familienministerium im November 2015 einen geänderten Entwurf vorlegte, schien es zunächst unwahrscheinlich, dass der ursprüngliche Entwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Rolle spielen würde. Nun hat sich die Koalition aber überraschend auf die Inhalte des ursprünglichen Entwurfes geeinigt. Die Ressortabstimmungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Neu ist, dass das Gesetz erst zum 1. Juli 2017 in Kraft treten soll.
Kurswechsel ist unbedingt notwendig!
Grundsätzlich begrüßt TERRE DES FEMMES, dass die Bundesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf in Bezug auf die unhaltbare Situation von Prostituierten in Deutschland erkannt hat, und der Gesetzgebungsprozess fortgesetzt wird, bedauert aber gleichzeitig, dass die Bundesregierung keinen grundlegenden Perspektivenwechsel anstrebt.
Für TERRE DES FEMMES ist Prostitution Ausdruck eines Machtungleichgewichts der Geschlechter und mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung unvereinbar. Nur sehr wenige Personen üben Prostitution aus freier Entscheidung aus – vielmehr ist die wirtschaftliche oder persönliche Zwangslage einer Person oftmals hauptursächlich für ihre Entscheidung, der Prostitution nachzugehen.
Insofern sollte nicht die Regulierung von Prostitution, sondern ihre grundsätzliche Bekämpfung im Mittelpunkt gesetzgeberischer Maßnahmen stehen. Hierzu gehören die Einführung eines Verbots, welches den Sexkauf grundsätzlich unter Strafe stellt, sowie flankierende Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung von Prostitution. Solange ein solcher Perspektivenwechsel nicht eingeschlagen wird, fordern wir eine Reihe sofortiger Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir einige Neuerungen, die der Referentenentwurf vorsieht und einige unsere Mindestforderungen zum Schutz von Frauen in der Prostitution erfüllen. Hierzu gehören u.a.:
- Die Einführung einer Erlaubnispflicht von Prostitutionsstätten und eine damit einhergehende Zuverlässigkeitsprüfung für BetreiberInnen. So dürfen künftig Personen, die innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen eines anderen Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind, keine Prostitutionsstätte betreiben.
- Die Einführung einer Kondompflicht, deren Nichteinhaltung mit einem Bußgeld für die Sexkäufer belegt werden soll.
- Regelungen zur Einschränkung von Weisungen und Vorgaben für BetreiberInnen von Prostitutionsstätten; so soll es z.B. BetreiberInnen einer Prostitutionsstätte künftig verboten werden, Prostituierten gegenüber überhöhte Forderungen für die Vermietung von Räumlichkeiten zu stellen.
- Auch sind Vorschriften zu Mindestanforderungen an die räumlichen Gegebenheiten aller Arten von Prostitutionsstätten vorgesehen, die u.a. die Arbeitsbedingungen der Prostituierten verbessern bzw. deren Schutz verstärken sollen.
Stand 02/2016