Rohr- und Kanalreinigung Schwanzer aus Ampfing in Bayern gewinnt mit dem Slogan „Wir… kommen immer durch!!!“ den diesjährigen „Zornigen Kaktus“. Mit seinem Firmenwagen, auf dem aus unerfindlichem Grund eine leicht bekleidete Frau in einem Rohr hockt, schaffte es Herr Schwanzer die Kaktus-Jury und die TeilnehmerInnen der Abstimmung zu überzeugen und ist eindeutiger Sieger mit 1210 Stimmen. Weit zurück liegen die beiden anderen Finalisten. Das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen ist mit 781 Stimmen auf Platz 2 und EDEKA mit 722 Stimmen auf Platz 3.
TERRE DES FEMMES findet den Sexismus, der bei dieser Werbung zur Schau gestellt wird, erschreckend. Nicht nur steht die abgebildete Frau in keinem Zusammenhang mit den beworbenen Dienstleistungen, diese sind auch noch in ihrem Schritt platziert und lenken den Blick dorthin. Auch der Slogan „Wir… kommen immer durch!!!“ suggeriert eine abwertende Haltung, nach der Frauen immer sexuell verfügbar sind, oder zumindest gefügig gemacht werden können.
Leider ist im Handwerk äußerst fragwürdige Werbung keine Seltenheit. Wir wurden vom Kompetenzzentrum für Berliner Handwerkerinnen zu einem Netzwerktreffen eingeladen. Dabei hatten wir die Möglichkeit die Frauen vom Fach zu fragen was sie von sexistischer Werbung im Handwerk halten.
Zwei unserer UnterstützerInnen haben die Werbung bereits beim Deutschen Werberat eingereicht. Dieser gibt zwar zu, der Slogan sei „in Verbindung mit der abgebildeten Frau durch eine gewisse Doppeldeutigkeit charakterisiert“, ist aber der Ansicht, dass dies nicht ausreichend sei um „einen Verstoß gegen die Grundsätze des Deutschen Werberats zur Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen zu begründen“. Ein Teilnehmer hat dagegen Einspruch erhoben.
TERRE DES FEMMES und die Kaktus-Jury freuen sich über die rege Teilnahme am „Zornigen Kaktus“ 2019. Insgesamt haben wir ca. 50 „sexistische Einreichungen“ zwischen dem 08. April und 14. Juni erhalten. Die drei Favoriten wurden von der Kaktus-Jury ausgewählt. Diese bestand aus TERRE DES FEMMES-Vorstandsfrau Inge Bell, Leiterin der Abteilung Kommunikation Nastassja Wachsmuth und den, bei der diesjährigen Vereinsversammlung gewählten, ehrenamtlichen Mitfrauen Gislinde Nauy und Dagmar Moeller-Bartelmann.
Wir gratulieren Herrn Schwanzer zu seinem Preis. Trotz Benachrichtigung hat er sich bis Dato nicht zu seinem „Sieg“ geäußert.
Vielen Dank für das Engagement aller, die sich am diesjährigen „Zornigen Kaktus“ beteiligt haben! Wir hoffen, dass bald niemand mehr sexistischer Werbung ausgesetzt ist, die den „Zornigen Kaktus“ verdient hat.
- Alle Einreichungen für den "Zornigen Kaktus" 2019 (PDF-Datei, 40 MB)
Die Finalisten 2019
Platz 1: „Wir… kommen immer durch!!!“ (Rohr- und Kanalreinigung Schwanzer; Ampfing, Bayern)
Stimmen: 1210
Lieber Herr Schwanzer, für Ihren Namen können Sie natürlich nichts, wohl aber für die Gestaltung Ihres Firmenwagens: Die Frau kniet in suggestiver Pose mit der Hand im Schritt und dazu der Slogan „Wir… kommen immer durch!!!“. Das suggeriert, dass Frauen immer verfügbar sind, um bei ihnen „ein Rohr zu verlegen“. Die angebotenen Dienstleistungen sind im Schritt der Frau platziert. Sind im Genitalbereich der Frau etwa auch „Dienstleistungen“ zu erwarten?
Die beworbenen Leistungen haben absolut nichts mit der sexualisiert dargestellten Frau zu tun. Das ist für unsere Jury purer Sexismus.
Eingereicht von: Alexandra S.
Platz 2: „Prachtregion“ (Landratsamt Schmalkalden-Meiningen, Thüringen)
Stimmen: 781
Gerade jetzt während der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen wird darüber diskutiert, dass Frauen im Sport viel öfter als ihre männlichen Kollegen unnötig sexualisiert werden. Auch in dieser – bereits vom Werberat gerügten – Werbung werden die Körper und nicht die sportlichen Leistungen der Volleyballerinnen in den Vordergrund gerückt. Die abgebildete Mannschaft des VfB Suhl spielt übrigens in der 1. Volleyball Bundesliga Frauen und schloss die Saison 2018/2019 auf Platz 9 ab.
Das Logo jedoch ist so platziert, dass es den Fokus auf die Hintern der Sportlerinnen lenkt, also deren „Prachtregion“. Dadurch werden sie zu Sexobjekten degradiert. Unsere Jury ist der Ansicht, dass hier eine sexualisierte Körperzone – ohne erkennbaren Zusammenhang – dazu instrumentalisiert wird, Tourismus zu fördern.
Eingereicht von: Marina Melber aus Frankfurt am Main (Hessen), Karin Lühman aus Bielefeld (NRW)
Platz 3: Vorschlag: „Danke Mama, dass du nicht Papa bist!“ (EDEKA)
Stimmen: 722
„Danke Mama, dass du nicht Papa bist!“ Mit diesem Clip hat EDEKA es geschafft, in gut einer Minute sowohl Männer als auch Frauen auf Klischees aus dem vorigen Jahrhundert zu reduzieren. Väter können nicht mit ihren Kindern alleine gelassen werden, ohne völlig überfordert gleich das Kindeswohl zu gefährden. Zum Glück ist Mama da, die selbstverständlich das von der Natur gegebene Muttergen hat.
Unsere Jury findet es erschreckend, dass auch heute noch Frauen als geborene Mütter geheiligt werden, während suggeriert wird, dass auch bemühte Männer keine guten Väter sein können. So wird ein überholtes Rollenbild zementiert, in dem es die natürliche Aufgabe der Frau ist, Kinder großzuziehen.
Eingereicht von: Katja Kulisch aus Coswig (Sachsen)