Auf der Straße, beim Lesen, Fernsehen oder beim Surfen durchs Internet - Werbung begegnet uns täglich und ist allgegenwärtig. Über Reklame werden Botschaften transportiert, Lebensgefühle erzeugt und Idealbilder verbreitet. Werbung gibt gesellschaftliche Rollenbilder weiter und zeigt uns, wie Frauen und Männer angeblich zu sein haben. Bereits Kinder werden früh von diesen Bildern geprägt.
Besonders die Darstellung von spärlich bekleideten Frauen wird gerne genutzt, um auf ein Produkt aufmerksam zu machen, das meist in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Frauenkörper steht. Unter dem Motto "Sex sells" soll mithilfe von teilweise pornographischen Darstellungen Elektronik, Autos oder andere Produkte verkauft oder sogar Spenden für Hilfsorganisation generiert werden.
Genau dieser Marketingstrategie bediente sich etwa 2015 die Firma Müller, um ihr Produkt, die Müllermilch, welches das ganze Jahr über erhältlich ist, auch in der Weihnachtszeit konkurrenzfähig zu machen. Auf ihren Flaschen posieren, aufreizend in Szene gesetzt , halbnackte Frauen in Weihnachtskostümen. Um den Hals der Flasche rankt sich ein Mistelzweigkranz mit einem Schild „Frohes Fest der Liebe“ – ein gezielt sexualisiertes Spiel mit der ursprünglichen Weihnachtsbotschaft, wie sich unschwer aus der weiteren Gestaltung der Flaschen ergibt: Auf der Schokoladen-Müllermilch räkelt sich eine dunkelhäutige Frau mit stereotyp krausen Haaren und großen Brüsten, nur mit einem Stück Schokolade bedeckt auf einem Sessel. Auf der hellen Müllermilchflasche posiert dementsprechend eine weiße, sehr hellhäutige Frau, ebenfalls halbnackt. Die Werbung ist also nicht nur rassistisch. sondern auch sexistisch.
Das Problem hierbei ist: Werbung muss nicht jedem gefallen, sie muss nur auffallen. So zum Beispiel mit der altbewährten Marketingstrategie sex sells. Mit Provokation erntet man schnell Aufmerksamkeit, ob diese negativ ausfällt ist letztendlich gar nicht so wichtig, Hauptsache: man ist im Gespräch. Auch wenn man ein Produkt kritisiert, macht man trotzdem, wenn auch unfreiwillig, Werbung dafür. Die Strategie geht in dem Fall der Müllermilch Werbung also voll auf.
Aber nicht nur die Reduzierung des weiblichen Körpers auf ein sexuelles Objekt ist diskriminierend, sondern auch die klischeehafte Darstellung von Frauen und Männern. Sie trägt dazu bei, dass Rollenbilder gefestigt, Vorurteile reproduziert und die Heteronormativität gefestigt werden. Diese Normierung von Seiten der Gesellschaft kann von Einzelnen durchaus als eine Form der Gewalt empfunden werden - insbesondere dann, wenn sie mit Abwertung und Ausgrenzung verbunden ist und somit Machtverhältnisse reproduziert. So stellt zum Beispiel das Nicht-Vorkommen von anderen Rollenbildern bzw. die Nicht-Darstellung von anderen sexuellen Identitäten eine Form der Ausgrenzung dar.
Auch zu dieser klischeehaften Darstellung von „Weiblichkeit“ gab und gibt es zur Weihnachtszeit zahlreiche Bespiele in der Werbung. So zum Beispiel die extreme Darstellung der Firma Hoover 1953. Der Slogan lautet: „Christmas morning she´ll be happier with a hoover”. Denn der Staubsauger würde sie am Weihnachtsmorgen (und von da an für immer) glücklicher machen. Schließlich ist ihr das Heim am wichtigsten, wie in der „Notiz für ihn“ zu lesen ist.
Natürlich war die frauenrechtliche Lage zu jener Zeit noch eine ganz andere als heute, jedoch muss man feststellen, dass sich so viel nicht geändert hat.
Die Weihnachtswerbung des Sportherstellers Decathlon hat 2016 mit diesem Slogan für eine Action-Kamera als Geschenk geworben: „Fast so schön wie Ihre Frau, aber mit Ausknopf“. Nicht nur steht der Spruch direkt im Kontrast zu ihrem eigentlichen Slogan „Sport for all. All for sport“, da es hier so dargestellt wird, als ob nur Männer Action-Kameras kaufen würden und sie auch nur für diese bestimmt sind, sondern Frauen werden obendrein auch noch so dargestellt, als wären sie so anstrengend und nervtötend, dass man diese ab und an einfach mal ausschalten müsste. Nur dass sie schön sind, spricht man ihnen zu, wobei Frauen wieder einmal nur auf ihr Äußeres reduziert werden.
Auch die Reaktion des Sportgeräteherstellers auf die Kritik war anscheinend nur an Männer adressiert, da sie auf Twitter mit den Worten antworten: „Es war nicht unsere Absicht jemandem auf den Schlips zu treten. Das Plakat tauschen wir in den nächsten Tagen aus.“ Einen Schlips tragen Frauen für gewöhnlich nur selten und eine Entschuldigung oder eine Erklärung blieben auch aus.
Ein weiteres sehr aktuelles Beispiel ist die Werbung, die Edeka dieses Jahr zu Weihnachten wählte. Ihr Werbespot „Lasst uns froh und bunter sein“ soll die Botschaft verbreiten: „So bunt wie unser Land, so bunt und vielfältig der Genuss – vor allem zum Fest der Liebe.“ Sie wollen zeigen, dass ihr Angebot in ihren Märkten genauso vielfältig ist wie die Bevölkerung in Deutschland. Jedoch klappt es damit nicht ganz. Im Clip geht Familie Müller im Edeka einkaufen und erklärt dem Verkäufer an der Fleischtheke, dass es im letzten Jahr bei Ihnen japanisch zu Essen gab, weil die Tochter einen japanischen Freund hatte, und im Jahr davor marokkanisch, weil sie mit einem Marokkaner zusammen war. Dieses Jahr fällt dann schließlich die Wahl auf italienisches Essen, weil der italienische Edeka-Angestellte Saltimbocca so „italienisch, lecker!“ angepriesen hat, wie die Tochter es formuliert. Als Antwort auf ihren Werbespot erntet Edeka viel Kritik. Zum einen wird die Frau auf die Auswahl ihrer Männer reduziert, heisst es. Weiterhin wird Edeka Rassismus vorgeworfen, da starke Klischees verwendet werden, wie dass der Japaner Sushi isst und der Marokkaner Falafel. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe und sagt: „Die Botschaft ´Lasst uns froh und bunter sein´ bedient sich einer einfachen Parallelität: So bunt wie unsere Gesellschaft, so bunt und vielfältig ist das Angebot bei Edeka“. Sie wollen weiterhin damit Aufmerksamkeit für ihr Produkt „Appetit auf Vielfalt“ schaffen. Die Suppe, „die so bunt ist wie Deutschland“ ist Teil einer Spendenaktion. Pro verkauftem 350ml-Glas werden 50 Cent an „Projekte der Deutschlandstiftung Integration Deutschland gespendet, die der Edeka Verbund seit 2012 unterstützt“, heißt es in der Pressemitteilung. Also eigentlich eine gute Aktion zur Weihnachtszeit, an der Umsetzung hapert es allerdings noch etwas.
Man sieht also, dass anhand der Darstellung von Frauen in der Werbung der gesellschaftlich latente, allgegenwärtige Sexismus besonders deutlich wird: Sexistische Werbung setzt männliche Dominanz, Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit als gesellschaftliche Norm. Dies nimmt auch zum allseits begangenen „Fest der Liebe“ leider nicht ab, sondern eher noch zu. Eventuell liegt das auch daran, dass Weihnachten für viele Menschen mit altem Brauchtum und Familie im traditionellen Sinne gleichgesetzt wird.
Um Sexismus und die Diskriminierung von Frauen langfristig zu beenden und ein gleichberechtigtes Miteinander aller Geschlechter anzustreben, geht TERRE DES FEMMES aktiv gegen frauenfeindliche Werbung vor - gerne mit Ihrer Hilfe!
Quellen:
https://frauenseiten.bremen.de/blog/muellermilch-werbung-sexistische-gruesse-zu-weihnachten/
https://taz.de/Sexistische-Werbung-in-Berlin/!5364071/
https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/frauenfeindliche-werbung
Stand: 12/2020