Aktuelle Debatte im Bundestag / Neue Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu Zwangsarbeit vom 20. Mai 2014 - Moderne Sklaverei bringt Milliardenprofite – mehr als die Hälfte der Betroffenen sind Kinder und Frauen (21.05.2014)

Berlin. Neue Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zeigen, dass vor allem sexuelle Ausbeutung von Frauen ein extrem profitables Geschäft ist und die illegalen Gewinne weit höher sind, als bisher angenommen: 75 Milliarden Euro werden damit pro Jahr erwirtschaftet, ein Großteil davon in Industrieländern wie Deutschland. „Zwangsprostitution ist ein Milliardengeschäft und die betroffenen Frauen sind die Leidtragenden. Die Zahlen bestätigen unsere Forderungen, den internationalen Menschenhandel endlich wirksam zu bekämpfen,“ unterstreicht Sibylle Schreiber, Fachbereichsleiterin von TERRE DES FEMMES. „Der Schlüssel dazu ist, die Betroffenen zu stärken und sie langfristig vor Menschenhändlern zu schützen. Ein sicheres Aufenthaltsrecht für die Betroffenen, unabhängig ihrer Bereitschaft vor Gericht auszusagen, ist dabei zentral. Nur wenn die Opfer und ihre Familien ausreichend geschützt werden, können sie die Strafverfolgung unterstützen.“
 
TERRE DES FEMMES begrüßt, dass der Bundestag sich durch den "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" heute mit dem Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution in Europa beschäftigt. Es ist jedoch katastrophal, dass die Meinungen der ExpertInnen ungehört bleiben. Denn gleichzeitig arbeitet die Regierung schon an der Umsetzung des Koalitionsvertrags im Bereich Menschenhandel. Den entsprechenden aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern (BMI) „Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“, der jetzt zur Verbändebefragung vorliegt, kritisiert TERRE DES FEMMES in Hinsicht auf die Regelung des Aufenthaltsrechts als völlig unzureichend. Das sichere Aufenthaltsrecht, das für die Opfer verbessert werden sollte, ist dem jetzigen Entwurf nach erneut an die Aussage als ZeugIn vor Gericht der Opfer geknüpft. „Mit dieser Forderung missachtet die Bundesregierung die besondere Gefährdungslage der Frauen und stellt den Opferschutz hinter die Verfolgung der Menschenhändler“, so Schreiber.
 
Für die Verurteilung der Täter benötigt die deutsche Justiz oftmals die Aussagen der Opfer. Als Gegenleistung erhalten die Betroffenen aus Nicht-EU-Staaten aber bisher nur eine vage Chance während des Strafverfahrens in Deutschland zu bleiben. Danach werden die Frauen, die sich oftmals nicht zuletzt aufgrund ihrer Zeuginnenaussage in Lebensgefahr befinden, in ihre Herkunftsländer abgeschoben – meist ohne Schutz für sie oder ihre Familien. Da es sich bei Menschenhandel aber oft um internationale organisierte Kriminalität handelt, können die Verantwortlichen häufig nicht ermittelt werden. Dadurch besteht für die Frauen eine fortdauernde Bedrohung, insbesondere wenn die Betroffenen in ihr Heimatland zurückkehren müssen.
 
Um der Forderung nach einem Aufenthaltsrecht für die Opfer von Zwangsprostitution Nachdruck zu verleihen, sammelte TERRE DES FEMMES im Rahmen einer an den damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gerichteten Petition rund 46.000 Unterschriften, die im Mai 2013 übergeben wurden.

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