Neuregelung zum Sorgerecht nicht zum Wohl von Mutter und Kind
Berlin. Mit dem am Sonntag in Kraft tretenden Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern versucht die Bundesregierung modern zu sein und die Rechte von Vätern zu stärken – auf Kosten des Wohl des Kindes und der Mutter.
Mit der Neuregelung hat der Vater zukünftig die Möglichkeit sich direkt an ein Familiengericht zu wenden, wenn die Mutter die gemeinsame Sorge ablehnt. In einem sogenannten vereinfachten und beschleunigten Verfahren, also ohne persönliche Anhörung der Beteiligten oder des Jugendamtes, kann das Gericht über die Sorge entscheiden. Die Mutter erhält die Gelegenheit für eine schriftliche Stellungnahme. Die Frist dafür endet sechs Wochen nach der Geburt, also zwei Wochen vor dem Ende des Mutterschutzes. Erfolgt keine Reaktion der Mutter, wird dies als Zustimmung gewertet. Dem Antrag wird entsprochen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (sog. negative Kindeswohlprüfung).
„Wir begrüßen es, wenn Väter Verantwortung für ihre Kinder tragen wollen. Allerdings sehen wir es mit großer Sorge, wenn sie die Möglichkeit erhalten, Mütter und Kinder unter Druck zu setzen. Genau dies ist mit der Neuregelung zum Sorgerecht der Fall. Sie betrifft nicht die funktionierenden Elternbeziehungen, sondern Problemkonstellationen: Beziehungen, in denen die Mutter der Gewalt des Vaters ausgesetzt war oder Konstellationen, bei denen es nie eine funktionierende Beziehung gegeben hat. Diese Eltern sollen jetzt auf Wunsch des Gerichts gemeinsam Sorge für ein Kind tragen, egal wie konfliktbeladen ihr Umgang miteinander ist. Der Mutter die Sorge, dem Vater das Recht: das ist absurd und sicherlich nicht zum Wohl des Kindes und der Mutter“, kritisiert Irmingard Schewe-Gerigk, Vorsitzende von TERRE DES FEMMES, die Neuregelung. „Es gibt einschlägige psychologische Studien, die deutlich aussagen, dass Dauerstreit in einer Beziehung kindeswohlschädlich ist.“
TERRE DES FEMMES fordert die Bundesregierung auf, das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern abzuschaffen und die Rechte von Müttern nicht weiter zu beschneiden. Zumindest die Frist für eine Stellungnahme innerhalb von 6 Wochen nach der Geburt, der Wegfall der Amtsermittlung, die negative Kindeswohlprüfung und das beschleunigte Verfahren müssen umgehend rückgängig gemacht werden.
Für Nachfragen und Interviews stehen wir gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an TERRE DES FEMMES, Birte Rohles, Referat „Häusliche und sexualisierte Gewalt“, Tel. 030/40504699-0 oder per E-Mail an: presse@frauenrechte.de.