Berlin, 26.04.2013. Nach über 20-jähriger Diskussion zur angemessenen Strafbarkeit weiblicher Genitalverstümmelung scheint nun Bewegung in die Debatte zu kommen. Zwei Tage nach der Anhörung dazu im Rechtsausschuss des Bundestags hat der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder seine Vorschläge der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bei einer Pressekonferenz im Bundestag plädierte er dafür, weibliche Genitalverstümmelung künftig unter schwere Körperverletzung ausdrücklich ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Damit könnte diese Menschenrechtsverletzung mit mindestens drei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Bislang fällt weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland lediglich unter gefährliche Körperverletzung, welche mit einem halben bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe geahndet werden kann. Außerdem soll nach dem Willen Kauders weibliche Genitalverstümmelung in den Katalog der Auslandstaten aufgenommen werden. Dies soll es in Zukunft ermöglichen, weibliche Genitalverstümmelungen im Ausland an in Deutschland lebenden Mädchen in allen Fällen strafzuverfolgen.
„Wir begrüßen diese Vorschläge“, so Irmingard Schewe-Gerigk, TERRE DES FEMMES-Vorstandsvorsitzende bei der Pressekonferenz. „Das schafft Rechtsklarheit und eine höhere Mindeststrafe ist der Schwere der Tat und ihren lebenslangen Folgen angemessen. Es kann nicht sein, dass Ferienbeschneidungen bisher nicht in allen Fällen von Deutschland aus strafverfolgt werden können. Das darf nicht von der Staatsangehörigkeit des betroffenen Mädchens abhängen und auch nicht davon, ob Genitalverstümmelung in dem Land, in dem sie stattfindet, verboten ist oder nicht“, kritisierte Irmingard Schewe-Gerigk weiter. „Neben strafrechtlichen Änderungen erwarten wir von der Bundesregierung mehr Einsatz zum Schutz der über 6.000 gefährdeten Mädchen in Deutschland.“
Zusammen mit Menschenrechtsorganisationen wie Mama Afrika hat TERRE DES FEMMES dazu bereits konkrete Vorschläge für einen Nationalen Aktionsplan zum Schutz der Mädchen gemacht. Dazu gehören flächendeckende Schulungen von ÄrztInnen, Hebammen, ErzieherInnen und LehrerInnen. ÄrztInnen sollten es wie in anderen europäischen Ländern melden müssen, wenn sie feststellen, dass ein Mädchen genitalverstümmelt wurde. Betroffene Frauen brauchen mehr Beratungsangebote. Afrikanische Vereine, wie der Berliner Verein Mama Afrika, der sich für die Überwindung weiblicher Genitalverstümmelung einsetzt und dessen Gründerin Hadja Kaba die Vorschläge Kauders bei der Pressekonferenz ebenfalls befürwortete, wünschen sich mehr finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit in afrikanischen Communities.
Irmingard Schewe-Gerigk: „Nun ist es an der Bundesregierung, die Vorschläge der Sachverständigen im Rechtsausschuss zu prüfen und darüber hinaus geeignete Präventionsmaßnahmen umzusetzen, um die gefährdeten Mädchen wirksam zu schützen. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“
Für Nachfragen sowie Interviews stehen wir gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an TERRE DES FEMMES, Irmingard Schewe-Gerigk, Tel. 030/ 40504699-0, oder per Mail an presse@frauenrechte.de