Berlin, 16.04.2013. Die Zahl der Opfer von Menschenhandel in der Europäischen Union nimmt deutlich zu, wohingegen die Zahl der Täter, die verurteilt werden, abnimmt. Das ist das Ergebnis einer EU-Studie, die am 15. April in Brüssel vorgestellt wurde. Nach Angaben der Studie wurden in den Jahren 2008 bis 2010 insgesamt 23.623 Opfer von Menschenhandel registriert, davon 80 Prozent weiblich. Zwei von drei Betroffenen endeten in der Zwangsprostitution. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt. Im Kontrast zur hohen Opferzahl steht die niedrige Zahl der Verurteilungen der Täter; diese ist in der EU zwischen 2008 und 2010 um 13 Prozent gesunken.
Für die Verurteilung der Täter benötigt die deutsche Justiz die Aussagen der Opfer. Als Gegenleistung erhalten die Betroffenen aus Nicht-EU-Staaten eine vage Chance bis Schließung des Strafverfahrens in Deutschland zu bleiben. Anschließend werden sie abgeschoben. Hierbei bleibt völlig unberücksichtigt, dass sich die Betroffenen durch eine Aussage vor Gericht, einem enormen Risiko aussetzen. Das italienische Modell, bei dem das Aufenthaltsrecht weitestgehend von der Aussagebereitschaft der Opfer entkoppelt ist, zeigt, dass die Bereitschaft der Opfer mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren sehr viel höher ist, wenn ihnen ein sicherer Aufenthaltstitel garantiert wird.
Mit einer an den Bundesinnenminister Friedrich gerichteten Unterschriftenaktion „Aufenthaltsrecht für Opfer von Zwangsprostitution, jetzt!“ fordert TERRE DES FEMMES, die Erwirkung einer Gesetzesänderung, die den Opfern von Menschenhandel mehr Rechte garantieren soll. Bisher ist der Minister jedoch nicht dazu bereit, die Unterschriften persönlich entgegen zu nehmen. „Die Situation der Betroffenen ist eines Rechtsstaates, der sich der Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet, unwürdig und gehört schnellstmöglich geändert! Opfern von Frauenhandel muss aus humanitären Gründen und unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft vor Gericht ein unbefristeter Aufenthaltstitel für Deutschland erteilt werden. Auch muss eine psycho-soziale Betreuung und Opferentschädigung garantiert sein“, fordert Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES.
Für Nachfragen und Interviews stehen wir gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an TERRE DES FEMMES, Anna Hellmann, Referentin zu Frauenhandel, Tel. 030/40504699-0 oder per E-Mail an: presse@frauenrechte.de.