TDF-Dunkelzifferstatistik zu FGM in Deutschland

In Deutschland leben aktuell schätzungsweise 103.947 betroffene Mädchen und Frauen, bis zu 17.271 Mädchen sind in Deutschland potenziell gefährdet. Zu diesem Ergebnis kam die FGM-Referentin 2022 in ihrer Berechnung der Dunkezifferstatistik.
Seit 1998 erstellt und veröffentlicht TERRE DES FEMMES fast jährlich eine eigene Hochrechnung der Betroffenen und Gefährdeten in Deutschland.

Mit der Statistik wollen wir zeigen, dass die Menschenrechtsverletzung weibliche Genitalverstümmelung in unserer Nachbarschaft, in jeder größeren Stadt, mitten in Europa präsent ist und dass es großen politischen Handlungsbedarf gibt um tausende Mädchen zu schützen und zehntausende Frauen zu unterstützen. Denn nur wenn die Mütter hier ihre Zukunft sehen, werden sie sich von den Traditionen ihres Herkunftslandes lösen und die Töchter unversehrt aufwachsen lassen.

Tabuthema ohne sichere Datenlage

Für die Statistik verwenden wir immer die Angaben des Statistischen Bundesamtes zu Frauen und Mädchen mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft sowie die von UNICEF, dem Population Refernce Buerau und Amnesty International verbreiteten Betroffenenquoten aus den bereits erfoschten Prävalenzländern. Wenn aus dem Land X 1000 Frauen und Mädchen in Deutschland leben und z.B. UNICEF berichtet, dass in X 45% von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen sind, gehen wir von 450 Betroffenen und Gefährdeten in Deutschland aus.

Falls die Zahlen von Jahr zu Jahr also schwanken, kann die Ursache dafür in neuen UNICEF-Daten liegen, in Migrationsströmen z.B. aus Ländern mit hoher Prävalenz der in den Parametern des statistischen Bundesamtes z.B. im Umgang mit Frauen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Es bedeutet nicht, dass wir tatsächlich von steigenden oder sinkenden Betroffenen- und Gefährdetenzahlen wüssten!

Weibliche Genitalverstümmelung ist in Deutschland enorm tabuisiert: Schon in den Herkunftsländern sprechen Frauen sehr selten offen über dieses Thema und in einem Umfeld, das diese “Tradition” als Menschenrechtsverletzung wertet und die InitiatorInnen mit langen Gefängnisstrafen belegen kann, kann man nur über Dunkelfeldstudien und Dunkelzifferberechnungen einen groben Eindruck von der tatsächlichen Verbreitung gewinnen.

Unterschiedliche Berechnungsmethoden

Um diesem Umstand und dem häufigen Missverständnis, es gäbe reale Veränderungen in der Risikobewertung, zu begegnen, haben wir verschiedene Berechnungsmethoden ausprobiert und in den letzten Jahren Schwerpunkte in den Statistiken gesetzt:

2012

2012 haben wir zwischen Gefährdeten und Betroffenen anhand der Altersgrenze von 20 Jahren unterschieden, da bis zu diesem Alter zwangsverstümmelungen bekannt sind.
Die Statisktik von 2012 als PDF

2013

2013 (PDF-Datei) haben wir das durchschnittliche Verstümmelungsalter in jedem Land berechnet um zu kommunizieren, dass je nach Kultur große Unterschiede bestehen und Fachkräfte wie PädagogInnen jederzeit aufmerksam und handlungsbereit sein sollen.
Die Statisktik von 2013 als PDF

2015 - 2017

Von 2015 bis 2017  haben wir anhand der Volljährigkeit zwischen Betroffenen und Gefährdeten unterschieden, da danach die Familie (zumindest juristisch) nicht mehr über die Tochter bestimmen kann. Außerdem haben wir auch die Länder berücksichtigt, in denen weibliche Genitalvertümmelung nachgewiesen ist aber noch nicht von UNICEF erfasst. Und wir haben zwischen den Mächen und Frauen mit Migrationserfahrung und denen, die hier geboren wurden hinsichtlich ihres Risikos unterschieden, da wir davon ausgehen, dass schädliche Traditionen schwinden, je heimischer eine Familie im Residenzland wird.
Die Statisken von 2015/2016/2017 als PDF

2018 - 2020

Erstmals werden hier die Daten nach Bundesländern aufgeschlüsselt.
Die Statistiken von 2018/2019/2020 als PDF

2022

2022 wurde eine neue Berechnungsmethode für die Schätzung der gefährdeten Mädchen anhand eines Minimal- und Maximalszenarios angewandt.
Die Statistik von 2022 als PDF

Da wir die Statistiken erneuern, bevor UNICEF und teils auch das Statistische Bundesamt neue Daten liefern können, steht die Jahreszahl ausschließlich für den Zeitpunkt der Veröffentlichung und nicht für den Zeitpunkt der Datenerhebung.

Bitte beachten Sie beim Zitieren oder anderweitigen Verwenden der Statistiken auch unsere Anmerkungen auf den nächsten Seiten der PDF-Dateien!

Statistik-Expertise auf EU-Niveau

Aufgrund unserer Statisik und dem spielerischen Umgang mit verschiedenen Berechnungsmethoden wurde TERRE DES FEMMES 2014 von dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) eingeladen, in einer ExpertInnenrunde über mögliche und sinnvolle Berechnungsmethoden zu diskutieren.

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