Verbreitung weltweit und in Deutschland

Weibliche Genitalverstümmelung ist ein weltweites Problem, das nicht aufgrund von einem Geburts- oder Wohnort gefährdet, sondern aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit und dem kulturellen Erbe.

Bei den Ethnien, die weibliche Genitalverstümmelung praktizieren, wird üblicherweise erwartet, dass jedes Mädchen „beschnitten“ wird. Durch Staatsgrenzen, die Gebiete praktizierender Ethnien und Gebiete von Ethnien, die ihre Töchter unversehrt aufwachsen lassen, gleichermaßen umschließen und zu „einer Nation“ zusammenfassen, kommt es zu unterschiedlichen Verbreitungs-Prozentzahlen für die einzelnen Länder.

Auch die Abschaffungsbemühungen in den Verbreitungsländern zeigen unterschiedliche Erfolge und können dazu führen, dass z.B. ganze Dorfgemeinschaften  beschließen, weibliche Genitalverstümmelung nicht länger zu praktizieren.

Bisher ist dokumentiert, dass die weibliche Genitalverstümmelung traditionellerweise in 32 Ländern Afrikas[1], auf der Arabischen Halbinsel und in einigen Ländern Asiens sowie in einigen Ländern Südamerikas ausgeübt wird. Darüber hinaus gibt es mindestens 60 weitere Länder, wie Sri Lanka, Saudi Arabien und Malysia, in denen die Praxis von FGM/C entweder durch indirekte Schätzungen (die normalerweise in Ländern, in denen FGM/C hauptsächlich von Diasporagemeinschaften praktiziert wird, zur Anwendung kommen), durch kleine Studien oder durch anekdotische Evidenz und Medienberichte dokumentiert worden ist[2].

Durch Migration wird weibliche Genitalverstümmelung weltweit und auch in Deutschland praktiziert. Es sind derzeit mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen in mehr als 32 Ländern von FGM/C betroffen. Weitere vier Millionen Mädchen gelten als gefährdet (UNICEF 2020). In Deutschland leben, nach den Berechnungen unserer Dunkelzifferstatistik 2020, knapp 75.000 bereits von weiblicher Genitalverstümmelung betroffene Frauen, 20.000 Weitere gelten als gefährdet. Von Diaspora-Gemeinden (Familien mit dem selben Identitätshintergrund, die im Ausland gut miteinander vernetzt leben) weiß man, dass sie Traditionen und Bräuche wahren und auch bei Veränderungen im Wohnort aufrecht erhalten. Da die weibliche Genitalverstümmelung für die Zugehörigkeit der Töchter zur Gemeinschaft und für die Geschlechterrollenbilder (und dadurch für Familiengründung und Fortbestehen der eigenen Gruppe) wichtig scheint, wird sie weiter praktiziert. Die soziale Akzeptanz innerhalb der praktizierenden Gruppe, die oft mangelnde Integration bis hin zur jüngsten Generation in die Mehrheitsgesellschaft und die Tabuisierung, schützen vor Entdeckung und Strafverfolgung.

In einer Studie von TERRE DES FEMMES (PDF-Datei) gaben 43% der GynäkologInnen an, schon mit Betroffenen gearbeitet zu haben. Die Vereinten Nationen haben im Dezember 2012 alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, Gesetze gegen weibliche Genitalverstümmelung zu erlassen und zur Abschaffung beizutragen. Im September 2013 ist Deutschland dieser Pflicht mit §226a StGB nachgekommen und im November 2013 hat die EU beschlossen, sich alljährlich über die Fortschritte bei der Prävention und Unterstützung der Betroffenen in ihren Mitgliedsstaaten zu informieren. Bereits im Mai 2011 beschloss der Europarat die Istanbul-Konvention welche sich gegen Gewalt an Frauen richtet. Diese soll nicht nur Prävention und Opferschutz gewähren sondern setzt auch auf Strafverfolgung. Artikel 38 richtet sich dabei explizit gegen die Verstümmelung weiblicher Genitalien. Auch Deutschland hat die Konvention unterzeichnet und ratifiziert.

TERRE DES FEMMES erstellt regelmäßig eine aktuelle Statistik  zur Dunkelziffer der Betroffenen und Gefährdeten in Deutschland welche auf den verfügbaren Zahlen basiert. Wir weisen darauf hin, dass sich Schwankungen durch Faktoren wie Migrationsströme, Prävalenzzahlen, Angaben der UN oder andere Gründe ergeben und keinesfalls einen Rückgang oder eine Steigerung der Gefährdung in Deutschland bedeuten.

 

[1] Dies beinhaltet die 31 in den UNICEF-Daten erfassten Länder sowie Sambia

[2] s. Weibliche Genitalverstümmelung/-Beschneidung: Ein Aufruf zu globalem Handeln (2020: 3f.)

Quellen:

Unicef (2020): Female genital mutilation country profiles. County profiles.
https://data.unicef.org/resources/fgm-country-profiles/

https://www.orchidproject.org/about-fgc/where-does-fgc-happen/africa/

Weibliche Genitalverstümmelung/-Beschneidung: Ein Aufruf zu globalem Handeln (2020: 3f.)
https://www.frauenrechte.de/images/downloads/fgm/2020/FGMC_GlobalReport_DE.pdf

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