Für ein gesundes und gewaltfreies Heranwachsen!

Die Petition “U-Untersuchungen – Unbedingt Pflicht” startete im Rahmen der Mädchenschutzkampagne „Jetzt Mädchen stärken“ – #esistnichtallesrosarot“ im Oktober 2018. Am 29.10.2019 wurde die Petition mit 75.000 Unterschriften an das Bundesministerium für Gesundheit überreicht. 

TERRE DES FEMMES fordert...  

...die Einführung bundesweit verpflichtender ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Des Weiteren wird gefordert, dass alle Krankenkassen die Kosten für alle Vorsorgeuntersuchungen übernehmen. Darüber hinaus bedarf es einer bundesweiten einheitlichen Evaluierung sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung von Fort- und Weiterbildungen für Kinder- und JugendärztInnen im Umgang von Fällen von Vernachlässigung, sexueller oder sexualisierter Gewalt bei Kindern und weiblicher Genitalverstümmelung. 

Wieso diese Forderung?  

Regelmäßige ärztliche Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) dienen als wichtiger Baustein, um ein gesundes und gewaltfreies Heranwachsen zu sichern. 

U-Untersuchungen können dazu beitragen, dass: 

  • Krankheiten, welche die körperliche, geistige, emotionale und soziale Entwicklung gefährden, frühzeitig identifiziert, entsprechend behandelt bzw. verhindert werden. 
  • Fälle von Kindeswohlgefährdungen, wie Vernachlässigung, Verwahrlosung, Misshandlung, sexuelle oder sexualisierte Gewalt bei Kindern sowie Genitalverstümmelung bei Mädchen frühzeitig identifiziert und verhindert werden.

Der Staat hat einen gesetzlichen Schutzauftrag, das Wohl jedes Kindes zu schützen. 

Die Vorsorgeuntersuchungen können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. In Deutschland hat jedes Kind Anspruch auf 14 ärztliche Vorsorgeuntersuchungen im Alter von 0–18 Jahren. Bislang wurde jedoch versäumt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die Eltern bundesweit dazu verpflichtet, die Vorsorgeuntersuchungen mit ihren Kindern wahrzunehmen. 

Leider ist es so, dass Teilnahme an U-Untersuchungen nach dem zweiten Lebensjahr stark abnimmt. Erinnerungs- und Einladungsverfahren erreichen viele Familien, insbesondere solche mit sozialen Belastungen, nicht.

Auswertungen von Fällen, in denen Kinder aufgrund von Misshandlung und Vernachlässigung zu Tode gekommen sind, zeigen, dass die Eltern in den meisten Fällen die Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrgenommen hatten. 

Zahlen von Gewalt gegen Kinder stark gestiegen  

Die Fälle von Kindesmissbrauch sind 2020 um 10% gestiegen. Es wird davon ausgegangen, dass statistisch gesehen in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind.i Faktoren wie Kontaktbeschränkungen, Schulschließungen und angespannte Familienverhältnisse trugen während dem Pandemie-Jahr 2020 dazu bei, dass Kinder häufiger Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt wurden. Dies liegt hauptsächlich daran, dass diese Fälle nicht erkannt wurden und nicht eingegriffen wurde. Die Corona-Pandemie verdeutlicht somit noch einmal, wie wichtig verpflichtende U-Untersuchen für das Wohl von Kindern sind. Doch auch über die Pandemie hinaus sollte Kinderschutz eine Priorität sein.  

Wie ist die jetzige Situation?  

Auf Bundesebene gibt es bislang keine gesetzliche Regelung, die Eltern dazu verpflichtet, ärztliche Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche wahrzunehmen.
Derzeit sind U-Untersuchungen nur in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen verpflichtend. Zum Beispiel müssen Eltern in Bayern bei der Anmeldung des Kindes für die Kindertagesstätte oder die Schule einen Nachweis über die erfolgten Vorsorgeuntersuchungen ablegen. 

In allen anderen Bundesländern wird ein appellatives und somit freiwilliges Verfahren verfolgt. Das heißt Eltern werden bei Nichteinhaltung der Termine an die Vorsorgeuntersuchung erinnert bzw. zu deren Teilnahme eingeladen. Nehmen Eltern die schriftliche Einladung nicht war, so werden Jugend- und Gesundheitsämter informiert. Allerdings wird das appellative Verfahren in den meisten Bundesländern nur bis zur U9 verfolgt. Die U9 schließt etwa mit dem 5. Lebensjahr ab, das heißt, dass es in den meisten Bundesländern nach dem 5. Lebensjahr keine Erinnerungen und Druck auf Eltern mehr gibt, die folgenden Untersuchungen mit ihrem Kind wahrzunehmen. Zwischen dem 5. und dem 13. Lebensjahr entsteht somit eine Schutzlücke. 

75.000 Unterschriften für unsere Petition 

Am 29.10.2019 wurde die Petition „U-Untersuchungen – Unbedingt Pflicht“ im Rahmen eines Fachgespräches an das Bundesministerium für Gesundheit überreicht. Mit mehr als 75.000 Unterschriften für die Petition „U-Untersuchungen – Unbedingt Pflicht“ setzt TERRE DES FEMMES ein starkes Zeichen für den Mädchenschutz. 

TERRE DES FEMMES-Bundesgeschäftsführerin Christa Stolle sagte dazu: “Es ist sehr wichtig, dass dieses bereits existierende Präventionssystem der U-Untersuchungen bundesweit und konsequent angewendet wird. Kinder müssen in Deutschland unabhängig von dem Bundesland, in dem sie leben, regelmäßig untersucht werden, um Missbrauchsfällen vorzubeugen oder schlimmstenfalls zu entdecken. Die zahlreichen Unterschriften verdeutlichen, dass viele BürgerInnen unser Anliegen unterstützen. Nun ist die Politik an der Reihe.“

Wie geht es weiter?  

Nachdem die Petition „U-Untersuchungen – Unbedingt Pflicht“ erfolgreich an das Bundesministerium für Gesundheit übergeben wurde, konzentriert sich TERRE DES FEMMES auf Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Forderung der verpflichtenden U-Untersuchungen ist ein stetiger Bestandteil unserer politischen Arbeit und war auch einer unserer Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl im September 2021. Wir setzen uns dafür ein, dass die zukünftige Bundesregierung unsere Forderungen umsetzt. 

Stand: November 2021

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