Ernüchternde Halbzeitbilanz der Menschenrechtspolitik der Bundesregierung vom Forum Menschenrechte veröffentlicht

Im Dezember 2011 gab das Forum Menschenrechte, ein Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen, in dem TERRE DES FEMMES Mitglied ist, eine Halbzeitbilanz zur Menschenrechtspolitik der Bundesregierung heraus, die eklatante Mängel der bisherigen Arbeit der Bundesregierung für Menschenrechte aufzeigt.

Insgesamt sieben Forderungen stellt das Forum Menschenrechte an die Bundesregierung: Deutschland müsse seiner Vorbildfunktion in der internationalen Menschenrechtspolitik gerecht werden, dafür Sorge tragen, dass durch die deutsche Politik nicht die Menschenrechte in anderen Ländern verletzt würden und dass Menschenrechtsabkommen konsequent umgesetzt würden. Außerdem müsse der Schutz vor Diskriminierung und Armut verbessert werden und die Migrations- und Asylpolitik menschenrechtskonform gestaltet werden sowie Menschenrechte in militärischen Auseinandersetzungen besser geschützt und nicht unter die Terrorismusbekämpfung untergeordnet werden.

Für TERRE DES FEMMES ist besonders besorgniserregend:

  • Zwar ist der angelaufene Ratifikationsprozess zur Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel von 2005 zu begrüßen, doch zeigen sich hier massive Defizite bei der Umsetzung der Konvention in Deutschland. Obwohl zugesagt wurde, dass die Aktivitäten zur Bekämpfung des Menschenhandels intensiviert werden sollen, gibt es bisher keine entsprechende Aufstockung der psycho-sozialen Beratung und der Unterstützung der Betroffenen. Deswegen fordert das Forum Menschenrechte, die Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel finanziell zu stärken und deren MitarbeiterInnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zuzugestehen sowie Aufenthaltsgenehmigungen für die Betroffenen unabhängig von ihrer Bereitschaft zur ZeugInnenaussage auszustellen.
  • Im letzten Jahr hat die Bundesregierung schließlich der jahrelangen Lobbyarbeit von Menschenrechtsorganisationen wie TERRE DES FEMMES nachgegeben und einen eigenen Straftatbestand für Zwangsverheiratung eingeführt, der am 01.07.2011 in Kraft getreten ist. Die Umsetzung kann jedoch nur als mangelhaft beschrieben werden: Die Rückkehrrechte Betroffener sind nicht ausreichend geschützt, der Opferschutz ist unangemessen gestaltet. Hier wird deswegen gefordert, dass Beratungs-, Betreuungs- und Schutzangebote bundesweit verbessert werden.
  • Zwar hat die Bundesrepublik Deutschland 2010 den Vorbehalt gegenüber der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 zurückgezogen, die sie bei der Ratifizierung 1992 abgegeben hatte. Doch folgten daraufhin keinerlei Gesetzesanpassungen, die aus dieser Vorbehaltsrücknahme hätten folgen müssen. TERRE DES FEMMES findet besonders das Versäumnis der Bundesregierung problematisch, jedwede Rückführung von Flüchtlingskindern, die dem Kindeswohl widerspricht, gesetzlich zu verbieten. Nur so könnten beispielsweise Mädchen, denen eine Genitalverstümmelung in ihren Heimatländern droht, wirksam davor geschützt werden. Das Forum Menschenrechte sieht ebenfalls dringend Nachholbedarf, was den gesetzlichen Schutz der Rechte von minderjährigen Flüchtlingen betrifft.   
  • Dieses Jahr wird die UN-Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“, die für den Schutz der Frauenrechte in Kriegs- und Krisengebieten und die Partizipation von Frauen in der Konfliktbearbeitung steht, 12 Jahre alt. Im „Aktionsplan Menschenrechte“ der Bundesregierung findet weiteres Engagement zu deren Umsetzung auf internationaler Ebene zwar Erwähnung, doch scheint es sich dabei nur um vereinzelte Gespräche auf Bundesministerienebene zu handeln und der Wille zur tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Abkommen zu fehlen. Die Forderung an die Bundesregierung lautet deswegen, einen Nationalen Aktionsplan im Dialog mit der Zivilgesellschaft zu verfassen.

TERRE DES FEMMES erwartet von der Bundesregierung, dass sie in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode die Umsetzung der Frauen- und Menschenrechte ernster als bisher nimmt und die Mängel in den bisherigen Bemühungen beseitigt.

Die vollständige Halbzeitbilanz können Sie auf der Homepage des Forum Menscherenchte nachlesen.