
Seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 war es ein erklärtes Ziel des Westens beim Wiederaufbau des Landes die Stellung der Frau und ihre Rechte zu stärken. Leider folgt jedoch den rechtlichen Verbesserungen kein Fortschritt im Lebensalltag der Frauen. Im Gegenteil - die Taliban gewinnen wieder an Macht.
Trotz gesetzlicher Frauenquote von 25% bei den Parlamentsabgeordneten, nationalem Aktionsplan zur Stärkung der Frauenrechte und der verfassungsrechtlich festgeschriebenen Gleichheit von Frau und Mann bleibt die Frauenrechtslage in Afghanistan desaströs und hat sich in den letzten Jahren sogar noch verschlechtert.
Menschenrechtsverletzungen an Frauen sind an der Tagesordnung
Jüngste Beispiele belegen den erschreckenden Unterschied zwischen rechtlichem Fortschritt und der Lebensrealität der Afghaninnen.
Anfang August 2010 wurde eine schwangere Witwe von einem Talibanführer mit drei Kopfschüssen öffentlich hingerichtet, da sie eine "unerlaubte Affäre" gehabt hatte. Zuvor war die schwangere Frau gefangen gehalten und mit 200 Peitschenhieben ausgepeitscht worden. Nur kurze Zeit später wurde ein Liebespaar öffentlich auf einem Markt durch die Taliban mit Hilfe der Dorfbewohner wegen ihrer außerehelichen Beziehung gesteinigt. Der Mann war verheiratet und die Frau verlobt gewesen. Für weltweites Aufsehen sorgte auch die Leidensgeschichte von Bibi Aisha, deren Ehemann ihr Nase und Ohren abschnitt, da sie vor ihm und seiner Familie davon gelaufen war.
Die afghanische Regierung hat weder die Durchsetzungskraft noch den nötigen Willen Frauenrechte ausreichend zu stärken und, Frauen gegen die Taliban zu schützen. Diese ist insbesondere in den Paschtunen-Gebieten entlang der Pakistanischen Grenze sowie im Norden des Landes in den letzten Monaten wieder erstarkt und hat in manchen Provinzen bereits wieder die Macht übernommen. Die Situation der Frauen in diesen Gebieten ist nur zu erahnen. Aus Sicherheitsgründen werden dort derzeit kaum Projekte für Mädchen und Frauen durchgeführt.
Die oben genannten Schicksale der drei Frauen sind leider keine Einzelfälle. Amnesty international zufolge handelt es sich bei 70% - 80% der afghanischen Ehen um Zwangsverheiratungen und es berichten 90% aller afghanischen Frauen über Gewalterfahrungen.
Umso erschreckender ist die Aussicht auf die angekündigten Friedensverhandlungen der afghanischen Regierung mit den wieder erstarkten Taliban.
TERRE DES FEMMES fordert deswegen die Bundesregierung auf, die Hilfsgelder in Afghanistan an enge Vorgaben zu knüpfen, der Stärkung von Frauenrechten in ihrer Afghanistan-Strategie eine höhere Priorität einzuräumen und Druck auf die afghanische Regierung auszuüben, Frauenrechte keinesfalls zur Verhandlungssache mit den Taliban werden zu lassen.
TERRE DES FEMMES e.V. unterstützt das Frauenzentrum Sharak im Westen Afghanistans, in dem Frauen Alphabetisierungskurse und Ausbildungskurse zur Schneiderin angeboten werden.
Weitere Informationen zum Frauenzentrum Sharak.