TERRE DES FEMMES unterstützt ein Projekt für Frauen und Mädchen in Kenia

Die Idee ist simpel: Die Monatshygiene für Frauen und Mädchen soll verbessert werden, damit sie während der Menstruation nicht vom Gemeinschaftsleben ausgeschlossen sind. Dass keine bezahlbaren Binden zur Verfügung stehen, ist ein weit verbreitetes Problem in Kenia und hat vielerlei Konsequenzen: Die Mädchen und Frauen sind während ihrer Menstruation an das Haus gefesselt, können in dieser Zeit keiner Arbeit nachgehen und nicht zur Schule gehen. Außerdem führt die mangelnde Hygiene zu einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung und zu einer starken Stigmatisierung von Mädchen und Frauen während ihrer Blutungen. Wenn Mädchen bis zu einer Woche pro Monat in der Schule fehlen, also insgesamt bis zu einem Viertel ihrer Schulzeit versäumen, haben sie dadurch einen Nachteil gegenüber ihren männlichen Mitschülern. Sie zeigen häufig schlechtere Schulleistungen und brechen auch häufiger die Schule ab. Die schlechtere Ausbildung stellt im späteren Leben eine weitere Hürde dar, die Frauen von wichtigen Positionen im Gemeinschaftsleben fernhält.
TERRE DES FEMMES unterstützt ein Projekt der Eco-Ethics International Union Kenya (EEIU-K). In diesem Projekt lernen die Mädchen und Frauen aus Ozi, wieder verwendbare Binden herzustellen. Ziel des auf zwölf Monate angesetzten Projekts ist es einerseits, dass die Frauen aus dem Dorf Ozi selbstständige Nähereien gründen, die die Mädchen und Frauen aus der eigenen Gemeinschaft mit Binden ausstatten können. Andererseits sollen sich in parallel stattfindenden Diskussionen vor allem Schulmädchen mit Themen rund um die Menstruation und mit der Rolle der Mädchen und Frauen in ihrer Gemeinschaft auseinandersetzen. Die Umsetzung des Projekts erfolgt in vier Phasen.
In der ersten Phase werden die Bewohner des Dorfes für das Thema Menstruation sensibilisiert. Es soll ein Bewusstsein für die mit der Menstruation verbundenen Probleme der Mädchen und Frauen entstehen. Zuerst wird ein Informationstreffen für rund 25 Mütter von Schulmädchen und ausgewählte Führungspersonen des Dorfes organisiert. Hier soll eine kritische Auseinandersetzung mit der geringen gesellschaftlichen Teilhabe der Frauen stattfinden und der Zusammenhang zu mangelnder Bildung der Töchter aufgezeigt werden. Zum anderen sollen die Frauen diskutieren, inwiefern sie durch die Menstruation eingeschränkt werden. Dann werden die selbst genähten Stoffbinden als mögliche Lösung der Probleme vorgeschlagen. Eine Woche nach diesem Treffen wird das Projekt offiziell vorgestellt. Indem deutlich gemacht wird, dass das Thema in seinen Auswirkungen nicht nur Mädchen und Frauen betrifft, soll das Projekt die Akzeptanz der gesamten Dorfgemeinschaft erhalten.
In der zweiten Phase des Projekts nähen die 200 Schulmädchen der Grundschule von Ozi, die zehn Jahre oder älter sind, jeweils fünf Stoffbinden für sich selbst. Den Mädchen wird gezeigt, wie die Binden benutzt werden. Zudem werden die Mädchen motiviert, Freundinnen im Schulalter von den Stoffbinden zu erzählen und sie zu ermutigen, (wieder) zur Schule zu gehen. Außerdem sollen Frauen aus Ozi in Zukunft regelmäßig Informationsrunden für Schülerinnen organisieren, in denen das Thema Pubertät angesprochen wird. Die Mädchen erfahren, dass sie kostenlose Stoffbinden von den Näherinnen erhalten können, wenn ihre Menstruation einsetzt und es wird über die gesellschaftliche Rolle von Mädchen und Frauen in Ozi diskutiert. Nach zwei Monaten werden sowohl die Schulmädchen als auch ihre Mütter aufgefordert zu reflektieren, welche Veränderungen die Stoffbinden gebracht haben.
In der dritten Phase werden Unternehmen für die Herstellung und den Verkauf der Stoffbinden gegründet. Dazu wird zuerst eine Gruppe von etwa 20 Frauen ausgewählt, denen – wie zuvor den Schulmädchen – beigebracht wird, wie die Stoffbinden genäht werden. Die Frauen werden mit genügend Material ausgestattet, um 50 Binden herzustellen. Am Ende der Phase sollen die Näherinnen das benötigte Material aus den Einnahmen des Verkaufs der Stoffbinden finanzieren können. Jedes Schulmädchen, das die Pubertät erreicht, soll in Zukunft kostenlos von den selbständigen Frauen einmalig mit fünf Binden ausgestattet werden. Dies soll einen weiteren Anreiz für Mädchen darstellen, die Schule zu besuchen, da sie ansonsten für die Binden wie jede andere Frau bezahlen müssen.
Die vierte und letzte Phase kann nur beginnen, wenn die neu gegründeten Nähereien selbständig und erfolgreich sind. Wenn dies der Fall ist, werden angesehene Frauen aus benachbarten Dörfern nach Ozi eingeladen. Ihnen werden die Stoffbinden vorgestellt und der Nutzen für Mädchen, Frauen und die Gemeinschaft im Ganzen wird verdeutlicht. Die Frauen können die Idee dann weiter in ihre Dorfgemeinschaft tragen und bei Interesse Geschäfte mit den Näherinnen aus Ozi aufnehmen.
Das Projekt wird durchgeführt von Eco-Ethics International Union Kenya (EEIU-K), einer Nichtregierungsorganisation die unter der in Deutschland ansässigen Eco-Ethics International Union (EEIU) gegründet wurde. Die Organisation Eco-Ethics hat die Vision einer Welt, in der Menschen und Gesellschaften reflektiert handeln und in Harmonie mit ihrer natürlichen Umwelt leben. Mit ihrer Arbeit fördern sie die nachhaltige Nutzung von Küsten- und Marineressourcen um das intakte Ökosystem zu erhalten und wirksam die Armut in der Küstenregion Kenias zu bekämpfen. Die Organisation hat bereits ein erfolgreiches Projekt im Dorf Ozi initiiert, und genießt dadurch ein hohes Ansehen und in der Gemeinschaft sowie das Vertrauen der DorbewohnerInnen.
Auch das von TERRE DES FEMMES unterstützte Projekt zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe und Unabhängigkeit von Mädchen und Frauen zielt darauf ab, nachhaltige Strukturen aufzubauen. So ist beispielsweise die Benutzung von wieder verwendbaren Binden aus organischen Materialien umweltfreundlich. Sie können über Jahre hinweg benutzt werden, da zu ihrer Pflege lediglich frisches Wasser benötig wird, was in Ozi reichlich vorhanden ist. Die in die verschiedenen Prozesse involvierten Personen, wie z. B. die Frauen, die anderen das Nähen beibringen, und die Personen, die Informationsrunden für Schulmädchen organisieren, sind alle Einheimische und müssen daher nicht für ihren Aufenthalt in Ozi bezahlt werden. Darüber hinaus können die Frauen, die gelernt haben, Stoffbinden selber zu nähen, das zum Nähen benötigte Material aus dem Verkauf der Binden finanzieren, wodurch das Projekt auf Dauer finanziell unabhängig sein wird.
Das Projekt befindet sich noch in seiner Anfangsphase, in welcher die Gemeinschaft und insbesondere die Schulmädchen an das Projekt herangeführt werden und die Mädchen das Nähen der Binden lernen. Der Bericht von Franziska Kupsch, einer freiwilligen Helferin, beschreibt sehr anschaulich die ersten Schritte:
„Den Mädchen wurde, nachdem wir Gruppendiskussionen über die Menstruation und die mit ihr verbundenen Probleme geführt haben, die Stoffbinde vorgestellt, von der sie richtig begeistert waren. (FOTO) Daher verabredeten wir uns gleich für den nächsten Tag, einen Feiertag, um die Binden zu nähen. Es kamen alle 54 Mädchen vom Vortag und die Binden wurden mit viel Motivation und Hingabe genäht. Da einige Mädchen die Binde am Ende des Tages nicht fertig genäht hatten, verabredeten wir uns für den nächsten Tag, um nach der Schule weiter zu machen. Die meisten Mädchen bestanden darauf, Nadel und Faden noch mit nach Hause zu nehmen, um dort fertig zu nähen. Bei unserem Treffen am nächsten Tag kamen zusätzlich 30 weitere Mädchen, welche die Binden ihrer Klassenkameradinnen gesehen hatten und nun auch für sich welche nähen wollten. {...} Inzwischen haben die meisten Mädchen zwei Binden genäht. Diese werden nun auf ihre Richtigkeit geprüft und danach wird weiteres Material ausgeteilt, damit jedes Mädchen für sich fünf Stoffbinden anfertigen kann.“
Wir freuen uns darüber, dass das Projekt in dem Dorf Ozi so viel Anklang findet und dass die Mädchen sich mit so viel Motivation dem Thema widmen. Dies stellt den Anfang einer Entwicklung dar, die letztendlich dazu führen soll, dass Mädchen und Frauen in Ozi und in der Umgebung unabhängiger werden und keine Nachteile mehr gegenüber Männern aufgrund ihrer Menstruation und damit aufgrund ihres Frau-Seins haben.