Lesetipps zum Thema Zwangsverheiratungen und Frühehen

Ob journalistische Reportage, leidvolle Erfahrungsgeschichte, genau recherchiertes Sachbuch oder fiktiver Jugendroman: Wir haben für Sie Bücher herausgesucht, die durch ihre unterschiedlichen Annäherungen mehr als nur Schlaglichter auf den so komplexen wie sensiblen Themenbereich Gewalt im Namen der Ehre und Zwangsverheiratung werfen.

 

 

Koschka Linkerhand und Azadiya H.: Um mein Leben

Ein biografischer Bericht

Querverlag, Berlin, 2022. 232 Seiten, 18;- €2021 Azadiya

Azadiya bedeutet auf Kurdisch „Freiheit“. Es ist das Pseudonym, unter dem sich die junge Jesidin der Autorin Koschka Linkerhand anvertraut, um ihr die Geschichte ihrer Flucht zu erzählen.

Azadiya erlebt ihre Kindheit und Jugend als Hölle. Ihr Vater ist gewalttätig und verprügelt regelmäßig seine Frau und seine Kinder. Über viele Jahre hinweg wird Azadiya teilweise täglich von ihren beiden Brüdern sexuell missbraucht. Eine ihrer wenigen Vertrauten, ihre Cousine Berxwedan, flieht mit 18 Jahren in ein Frauenhaus. Ihr Vater spürt sie auf und ermordet sie, um die Ehre der Familie wieder herzustellen. Ab diesem Zeitpunkt ist für Azadiya klar, sie muss weg, denn als lesbische Frau muss auch sie sich vor ihrer Familie in Acht nehmen.

Noch vor ihrem 21. Geburtstag kann sie mithilfe einer Beratungsstelle in einer anonymen Mädchenzuflucht Unterschlupf finden. Die Unterstützung vom Jugendamt und von der Polizei, erhält sie erst, als sie ihren Familiennamen nennt, denn die Stadt konnte sich – so Azadiya - keinen zweiten Ehrenmord leisten. Azadiyas Berichte offenbaren, wie schwer sich die Behörden mit einer adäquaten Unterstützung von bedrohten jungen Frauen tun.

Weiterlesen ...

Djaïli Amadou Amal: Die ungeduldigen Frauen

Roman

Orlanda Verlag, Berlin 2022, 172 Seiten, 18,00 €2022 Amadou Amal UngeduldigeFrauen 150

In ihrem Roman „Die ungeduldigen Frauen“ erzählt Djaïli Amadou Amal die Geschichten von Ramla, Hindou und Safira – drei Frauen aus dem Norden Kameruns. Die Autorin, als Jugendliche selbst zwangsverheiratet, setzt sich mit ihrem 2012 gegründeten Verein „Femmes du Sahel“ für die Rechte von Frauen ein.
Auch ihr Roman ist eine Form des Widerstands: Die fiktiven Geschichten, beruhend auf wahren Begebenheiten, schaffen einen Einblick in die unterschiedlichen Formen von Gewalt an Frauen. Sie handeln von Zwangsheirat, häuslicher Gewalt und Polygamie – von Verzweiflung, Frustration und Wut. Jede Geschichte steht für sich und doch sind sie miteinander verbunden.

Die 17-jährige Ramla wird gezwungen, mit Alhadji, der viel älter als sie und bereits verheiratet ist, eine Ehe zu schließen. Eigentlich war sie bereits mit ihrem Freund Aminou verlobt und träumt davon, mit ihm nach Tunesien zu ziehen und dort Apothekerin zu werden. Doch die Eltern entscheiden sich für Alhadji, den wichtigsten Mann der Stadt, der sich mit der jungen, schönen und gebildeten Frau schmücken will. Vergeblich versucht die tieftraurige Ramla ihre Eltern umzustimmen.
Safira, die erste Frau von Alhadji, ist entsetzt, als sie von der Heirat ihres Ehemannes mit einer Zweitfrau erfährt. Wird ihr Mann jetzt sie und ihre Kinder vernachlässigen? Safira würde alles dafür tun, um ihre Rivalin aus ihrem Leben zu verbannen.

Weiterlesen ...

Amal in Zusammenarbeit mit Arno Becker: Wie ein Schmetterling

Mein Weg aus dem Kokon der Traditionen

Selbstverlag, 2021, 91 Seiten. ISBN 9798764727325, 13,90 €2021 Amal Wie ein Schmetterling

Eine Marokkanerin wird im Alter von 16 Jahren mit ihrem in Deutschland lebenden Cousin verheiratet, der ihr vorher völlig unbekannt war. Auf das Eheleben und das Leben in einem fremden Land war sie in keiner Weise vorbereitet, als sie allein in ein Flugzeug nach Deutschland gesetzt wurde.

Ein Einzelschicksal? Keinesfalls. Wie viele „Kinderbräute“ wurden auf diese Weise nach Deutschland exportiert? Selbst wenn es Statistiken dazu gäbe, würden sie die Bedeutung dieses Phänomens nicht erfassen. Denn bei jeder genannten Zahl müsste stets mitgesagt werden: „Dunkelziffer unbekannt.“ Was allerdings das Ausmaß dieser seit 2018 in Deutschland gesetzeswidrigen Handlung erahnen lässt, ist die Tatsache, dass sowohl die Eltern als auch die Schwiegereltern es völlig normal fanden, wenn eine Tochter, ohne gefragt zu werden, in einem eiligen Abkommen zwischen Vater und ihrer zukünftigen Familie (das Auto der Besucher versperrte die Straße und das Müllauto hupte) den Besitzer wechselt.

Ist das zu drastisch ausgedrückt? Amal hat es so empfunden. Bei der Hochzeit ihres Bruders wurden sich ihr Vater und der Vater ihres Cousins einig. „Für unsere beiden Papas war klar, dass man diesen Hauptpersonen ja später immer noch sagen kann, dass und wen sie heiraten würden. Man informiert ja auch nicht ein Schaf darüber, wenn es verkauft werden soll. Und nicht ein Huhn, wenn man es schlachten will. … Es war mein Papa, der etwas unterschrieben hat. Ich war ja erst sechzehn. Auf der anderen Seite hat mein Cousin unterschrieben, genauer gesagt, er hat gemacht, was sein Vater ihm sagte.“

Weiterlesen ...

Güner Yasemin Balci: Aliyahs Flucht

Oder die gefährliche Reise in ein neues Leben balci

S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014, 253 Seiten.

Aliyah ist Kurdin, ihr Freund Dimi Grieche. Treffen können sie sich nur heimlich. Nachdem ihre Mutter von der Beziehung erfährt, soll Aliyah die Beziehung zu Dimi beenden und ihre Jungfräulichkeit überprüft werden, denn eine ‚benutzte’ Frau gilt in ihrem Umkreis seit Generationen als ehrlos. Doch Aliyah wehrt sich. Sowohl gegen den Besuch beim Frauenarzt als auch gegen eine aufgezwungene Ehe.

Weiterlesen ...

Rukiye Cankiran: Das geraubte Glück

Zwangsheiraten in unserer Gesellschaft2019 Cover Cankiran

Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2019, 192 Seiten.

Spätestens seit dem „Ehren“-Mord an Hatun Sürücü 2005 in Berlin wird das Thema „Zwangsheirat“ im deutschen gesellschaftlichen Diskurs immer wieder verhandelt. Mit den Geflüchteten, die seit 2015 nach Deutschland kommen, hat es neue, erhöhte Aufmerksamkeit erhalten. Dabei konzentriere sich die Öffentlichkeit – so Cankiran – meistens auf drastische Fälle, vornehmlich werde ein pauschalisierender und herablassender Tenor angeschlagen. Rukiye Cankiran, Kulturwissenschaftlerin und Journalistin anatolischer Herkunft, möchte mit ihrem Buch dazu beitragen, mit dem schwierigen und vielschichtigen Thema sensibler umzugehen.

Weiterlesen ...

Matthias Deiß/Jo Goll: Ehrenmord

Ein deutsches Schicksal

Hoffmann und Campe, Hamburg 2011, 255 Seiten.deiss goll

Hatun Sürücü wurde am 7. Februar 2005 von ihrem Bruder erschossen auf offener Straße erschossen.
Matthias Deiß und Jo Goll sind den Hintergründen ihrer Ermordung nachgegangen und haben das Ergebnis ihrer Recherche in einem Buch und in einem vom WDR gesendeten Film festgehalten.

Weiterlesen ...

Elif Shafak: Ehre

Kein & Aber2015 Shafak Ehre TB

Zürich – Berlin 2014, 525 Seiten.

Sechs Mädchen hat die kurdische Familie bereits, als die Zwillingsschwestern Pembe und Jamila 1945 zur Welt kommen. Die Trauer darüber, auch dieses Mal keinen Sohn entbunden zu haben, lässt die Mutter für Tage verstummen. Die Schwestern werden ihre Kindheit in dem kargen, abgelegenen Dorf im Südosten der Türkei verbringen. Pembe wird einen Mann aus Istanbul heiraten und mit ihm nach London auswandern. Jamila wird nie heiraten können, denn sie wurde als Jugendliche entführt und hat womöglich ihre Keuschheit verloren, das unabdingbare Gut einer ehrbaren Frau auf dem Heiratsmarkt in ihrer Kultur.

Weiterlesen ...

Esma Abdelhamid: Löwenmutter

Mein Ausbruch aus zwölf Jahren Zwangsehe in Deutschland und der Kampf um meine Kinder2009 Cover Abdelhamid

Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009, 320 Seiten.

In »Löwenmutter« erzählt Esma Abdelhamid ihre 15-jährige Leidensgeschichte. Die junge Tunesierin wurde mit 19 Jahren an einen Landsmann zwangsverheiratet.

Weiterlesen ...

Irina Badavi: Wenn der Pfau weint

Wie ich mich als Jesidin aus der Gewalt einer Parallelgesellschaft in Deutschland befreien konnte2016 Cover Badavi

Gütersloher Verlagshaus, München 2016, 256 Seiten.

Irina Badavi, geb. 1980 in Tiflis, Georgien, als das zweite von vier Kindern. Ihre Eltern sind zu jenem Zeitpunkt 18 und 17 Jahre alt. Die Familie kommt Mitte der 90er-Jahre nach Deutschland, nachdem Irina gerade ihren georgischen Realschulabschluss gemacht hat. Im Alter von 16 Jahren wird sie mit einem Jesiden verheiratet, der bereits Ende 20 ist und als psychisch instabil gilt. 

Weiterlesen ...

Necla Kelek: Die fremde Braut

Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland2006 Cover Kelek

Goldmann Verlag, Köln 2006, 288 Seiten.

Eine Türkin in Deutschland erklärt, woran die Integration immer wieder scheitert. Eine Geschichte von Liebe und Sklaverei, von Ehre und Respekt und von dem wichtigsten Ereignis im Leben einer türkischen Familie: der Hochzeit. Dieses sehr persönliche Buch ist ein Schlüssel zum Verständnis der türkisch-islamischen Kultur und räumt mit Multi-Kulti-Illusionen auf.


Weiterlesen ...

Nojoud Ali: Ich, Nojoud, zehn Jahre, geschieden

2009 Cover Ali

Verlag Knaur HC, München 2009, 192 Seiten.

Verkauft, verheiratet, geschieden - ein kleines Mädchen befreit sich aus einer Zwangsehe. Nojoud ist noch ein Kind, als ihre Eltern sie mit einem Mann verheiraten, der dreimal so alt ist wie sie. Für die Zehnjährige aus dem Jemen bedeutet das das plötzliche Ende ihrer unbeschwerten Kindheit - und den Beginn einer qualvollen Zeit.


Weiterlesen ...

Hanife Gashi: Mein Schmerz trägt deinen Namen

Ein Ehrenmord in Deutschland2005 Cover Gashi

Mit Sylvia Rizvi

Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005, 256 Seiten.

Als Hanife 16 war, hatten ihre Eltern sie bereits verlobt. Ihren Mann lernste sie erst am Tag der Hochzeit kennen. Bald wurde ihre Tochter Ulerika geboren. Dann musste die Familie aus dem Kosovo flüchten und baute sich in Süddeutschland ein neues Leben auf.

Als Ulerika 16 war, hat ihr Vater sie umgebracht. Ein "Ehren"-Mord.
Ulerika war eine aufgewecktes Mädchen, ging tanzen, liebte coole Klamotten, hatte einen Freund. Ihr Vater, als Kosovo-Albaner traditionell erzogen, konnte das nicht ertragen: Das freie Leben, das Mutter und Tochter sich herausnahmen, untergrub sein Selbstverständnis.

 

 

Weiterlesen ...

Aylin Korkmaz: Ich schrie um mein Leben

Ehrenmord mitten in Deutschland2010 Cover Korkmaz

Fackelträger Verlag GmbH, Köln 2010, 224 Seiten.

Von denjenigen Ehrenmordfällen, die sich bisher in Deutschland zugetragen haben, zählt dieser zu den spektakulärsten - weil das Opfer überlebte, wenn auch nur knapp: Die Türkin Aylin Korkmaz, Anfang 30, Mutter dreier Kinder, wird an ihrer Arbeitsstelle nahe Baden-Baden von ihrem Exmann mit 26 Messerstichen in Gesicht und Körper niedergestreckt.

 

Weiterlesen ...