Hartmut Kreß: Religionsunterricht oder Ethikunterricht?

Entstehung des Religionsunterrichtes
Rechtsentwicklung und heutige Rechtslage – politischer Entscheidungsbedarf2022 Kress Religionsunterricht

Herausgegeben vom Institut für Weltanschauungsrecht, Nomos Verlagsgesellschaft, 2022, 238 Seiten, 68,00 €

Hartmut Kreß gelingt es auf eine verständliche und dezidierte Weise einen großen geschichtlichen Bogen von der Entstehung des heutigen konfessionellen Religionsunterrichts bis hin zu den künftigen Reformoptionen zu ziehen. Hierbei wird die Bonner Verfassung an die Weimarer Verfassung angeknüpft, die Zeit während des Nationalsozialismus bleibt ausgeklammert.

Kreß, emeritierter Professor für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Ethik in der Theologischen Fakultät Kiel, unterteilt den Band hierzu in Teil A. Geistes- und rechtsgeschichtliche Voraussetzungen des heutigen Religionsunterrichts, B. Religionsunterricht im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vor dem Hintergrund der Weimarer Verfassung und abschließend Teil C. Heutige Problemkonstellation – künftige Reformoption.

Seit dem 16. Jahrhundert war der Religionsunterricht der Kern des Schulunterrichts und selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es noch die Auffassung, Religion und Religionsunterricht seien die Mitte der schulischen Erziehung. Indirekt gründet der Religionsunterricht in die Zeit der protestantischen Reformen, dem Übergang des Mittelalters in die Neuzeit und wurzelt somit in der Vormoderne. Kreß gelingt es den langen geschichtlichen Bogen komprimiert darzustellen und herauszuarbeiten warum die historischen Wurzen elementar sind und sich im unserem heutigen Grundgesetzt in Art. 7 Abs. 3 niedergeschlagen hat.

Im Schlussteil C werden neben der sozioreligiösen Pluralisierung und der Säkularisierung erläutert warum der Religionsunterricht in die Defensive geraten ist und sogar in kirchlichen Debatten eingeräumt wird, er sei kaum noch im Schulalltag durchzuhalten. Der durch Art.7 Abs. 3 GG gesetzte Rechtsrahmen im Schulalltag wird praktisch unterlaufen.

Folgerichtig resümiert Kreß, dass dies rechtsethisch nicht akzeptabel sei. Er plädiert für einen Ethik-Unterricht, welcher gegenüber einem konfessionellen Unterricht keine Segregation mit sich bringt, ein integratives und gemeinsames Lernen ermögliche und somit pädagogisch wie institutionell abzusichern sei.

Religions- oder Ethikunterricht? Diese Frage gelingt es Kreß eindeutig zu beantworten und hierbei die historischen Wurzeln und Entwicklungen einzubeziehen sowie auf die aktuellen Bedingungen einzugehen. Lesenswert und informativ.