Oman

Vorkommen

Lange wurde angenommen, dass weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation – FGM) im Oman primär im Süden in Dhofar praktiziert wird und nur ganz vereinzelt im Norden. 2014 befragte die Menschenrechtsaktivistin Habiba Al Hinai 100 Frauen in der Hauptstadt Muskat zum Thema FGM. 78 von ihnen gaben an beschnitten zu sein, weitere 10 Frauen sagten aus, sie wissen es nicht. Al Hinai vermutet, dass diesen Frauen tatsächlich keine Informationen zur natürlichen Beschaffenheit der Vulva zur Verfügung stehen und dass das Tabu, über intime Dinge zu sprechen, so stark wirkt, dass die nähere Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper verwerflich erscheint.  

Im Süden ist weibliche Genitalverstümmelung schon lange Tradition. Fast alle Mädchen über 15 Jahre sind beschnitten. Hier findet die Genitalverstümmelung ein bis zwei Tage nach der Geburt statt. Da der Eingriff in omanischen Krankenhäusern verboten ist, wird das Neugeborene meist zu einer sozialen Autorität, einer Ältesten gebracht, welche die Praktik durchführt. Oft werden gleichzeitig die Ohren des Mädchens gepierct, um den Glauben zu erwecken, das Baby würde deshalb schreien.

Anmerkung:

Im Oman sind nur Nichtregierungsorganisationen legal, die staatlich genehmigt, kontrolliert und gelenkt arbeiten. Entsprechend schwierig ist die Forschung zu weiblicher Genitalverstümmelung. Ältere Studien sind oft nicht mehr verfügbar. ForscherInnen drohen Restriktionen und Strafen, wenn sie ihre erhobenen Daten ohne staatliche Genehmigung veröffentlichen. Das Thema wird so stark kontrolliert, dass das Gesundheitsministerium nicht im Sinne der Mädchen und Frauen aktiv werden darf und dass selbst BefürworterInnen sich nicht öffentlich äußern dürfen, um das Aufkeimen einer Diskussion vorwegzunehmen. Entsprechend wichtig sind die Stimmen einzelner ForscherInnen und BloggerInnen, deren Aussagen über die unten genannten Links abrufbar sind.

Formen

Im Süden des Oman wird hauptsächlich Typ II (Exzision) gemäß WHO-Klassifikation praktiziert. Bei der Exzision wird die Klitoris und/oder Klitorisvorhaut beschnitten sowie zusätzlich die inneren und ggfs. die äußeren Schamlippen. In den südlichen Bergregionen wird auch Typ III, die Infibulation praktiziert. Dabei wird das gesamte äußerlich sichtbare Genital entfernt und die Wunde bis auf ein kleines Loch zugenäht.

Im Norden wird vor allem Typ IV (alle anderen schädlichen Praktiken am weiblichen Genital, wie z.B. Stechen, Ätzen, Verbrennen) praktiziert.

Begründungsmuster

Im Süden wird weibliche Genitalverstümmelung aus der Tradition heraus praktiziert. In einer von WADI e.V. (eine NRO, die sich der Aufklärung und Abschaffung von FGM im Mittleren Osten widmet) geführten Studie gaben die befragten Personen an, weibliche Genitalverstümmelung sei eine Tradition und nichts weiter. Im Norden hingegen ist die Religion der Hauptbeweggrund für das Praktizieren weiblicher Genitalverstümmelung.

Gesetzliche Lage

Krankenhäusern im Oman ist es verboten, weibliche Genitalverstümmelung zu praktizieren. Dies führt jedoch lediglich dazu, dass die Praktik im Geheimen durchgeführt wird. Das Gesundheitsministerium stellte einen Fünf-Jahres-Strategieplan (2006-2010) vor, laut dem flächendeckende Studien zur FGM-Prävalenz durchgeführt werden sollen, um weiteren Handlungsbedarf zu erkennen und Aufklärungskampagnen zu starten. Allerdings wurde der Strategieplan bis heute nicht konsequent und zufriedenstellend umgesetzt, sodass weibliche Genitalverstümmelung weiterhin besteht und kaum Aufklärung darüber herrscht. Im August 2019 gab das omanische Sozialministerium eine Gesetzesänderung zum Schutz von Kindern bekannt, darunter ein ausdrückliches Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM).

Links

 

Stand: 12/2019