219a StGB gestrichen

Es ist geschafft – nach fast 90 Jahren wurde der umstrittene Paragraf 219a endlich aus dem deutschen Strafgesetzbuch gestrichen. Wie alle, die für die Informationsfreiheit von ÄrztInnen und Schwangeren gekämpft haben, feiern wir diesen Erfolg. Zum ersten Mal dürfen alle MedizinerInnen straffrei öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Und genau das tun sie jetzt.

Eine Kampagne für das Recht auf Information

Im Jahr 1933 wurde mit Paragraf 219a in Deutschland ein Gesetz verabschiedet, welches ÄrztInnen verbot, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, wenn sie diese selbst durchführten. In der heutigen Zeit war es ÄrztInnen sogar untersagt, auf der eigenen Website über die Methoden und Risiken eines solchen Eingriffs zu informieren. Dies galt als verbotene Werbung und betroffene ÄrztInnen wurden ungerechtfertigt kriminalisiert. Seriöse Fakten zum Thema wurden ungewollt Schwangeren dadurch schwer zugänglich gemacht. Das Absurde: Für völlig fachfremde Personen galt das Verbot nie. Im Gegenteil: Vor allem im Internet wurden ungestraft Unwahrheiten zum Thema verbreitet. 

Unsere Kampagne klärte über diesen Irrsinn auf und drehte den Spieß um. Sie machte Laien ohne medizinische Kenntnisse zu BotschafterInnen. In Radiospots und Kurzfilmen teilten sie fundierte Informationen zum Thema und forderten Menschen über das Netz auf, es ihnen gleich zu tun. 

Auf der Kampagnenseite und via Social Media konnte man vorgefertigte Filme und Posts teilen und so selbst über Schwangerschaftsabbrüche aufklären. Mit Hilfe eines downloadbaren Aktionspakets war es außerdem möglich, die wichtigen Informationen auch im eigenen Betrieb oder im Verein zu verbreiten.

§219a ist gestrichen!

"In Zeiten von allgegenwärtiger Desinformation im Netz ist die Abschaffung von §219a StGB ein grundlegender, längst überfälliger Schritt, der nicht nur die Rechte von Schwangeren, sondern auch die Rechte von Ärztinnen und Ärzten, die diesen Eingriff durchführen, stärkt. Mit dieser Entscheidung stellt sich der Gesetzgeber endlich klar auf die Seite der Selbstbestimmung von Frauen sowie auf die Seite von fachlichen Informationen statt unsachlichen Meinungen“, sagt Sina Tonk, Bereichsleiterin von TERRE DES FEMMES e.V.

Wir freuen uns über die Abschaffung von Paragraf 219a – ein großer Erfolg für mehr körperliche Selbstbestimmung von Frauen. Wir danken allen, die sich für die Streichung eingesetzt und jahrelang engagiert haben! 

Doch unser Kampf geht weiter, denn ein Schwangerschaftsabbruch sollte allgemein keine Straftat sein. Und das Recht auf eine medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht. Wir sagen daher: #streicht218!

"Bei aller Freude über die Entscheidung §219a zu streichen dürfen wir aber nicht vergessen, dass ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland weiterhin im Strafgesetzbuch geregelt ist und nur unter gewissen Voraussetzungen legal ist: §218 muss auch noch mit demselben Grundgedanken von Selbstbestimmung überarbeitet werden.“, so Sina Tonk weiter.

In Bezug auf das deutsche Abtreibungsrecht fordert TERRE DES FEMMES deshalb:

  • Die ersatzlose Streichung der §§ 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch und des Paragraphen 12 aus dem Schwangerschaftskonfliktgesetz.
  • Kostenlose, qualifizierte und freiwillige Beratungsangebote bei ungewollter Schwangerschaft sowie wohnortnahe und flächendeckende Versorgung als medizinische Basisleistung.
  • Ausbau des Angebots an unabhängigen Beratungsstellen zur Verhütung, Vorsorge und Schwangerschaft.
  • Auf dem Stand der medizinischen Entwicklung orientierte Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und Wahlfreiheit bezüglich der Methode.
  • Kostenlose Verhütungsmittel und kostenfreie Abgabe der „Pille danach“.
  • Die Förderung von WissenschaftlerInnen, die zu besseren Methoden und Behandlungsmöglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen forschen. Das Thema muss auch Teil der Ausbildung von ÄrztInnen und Pflegekräften sein.

Zum Referat "Sexuelle und Reproduktive Rechte" hier

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